2 Deutsche Rüstungsausgaben
Umweltauswirkungen von 100 Milliarden Euro für Rüstungsinvestitionen
Problemaufriss und Kurzstudie
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Abb. 2-1: Plakat zu Fregatte 126 |
Inhalt
2.1 Haushaltsausgaben für die Bundeswehr
Militärausgaben im Vergleich
Einher gehend mit dem Investitionspaket wird eine Erhöhung der deutschen Militärausgaben auf zwei Prozent des BIP angestrebt, wie in dem entsprechenden Gesetzestext festgeschrieben (siehe Kap.2.2). In absoluten Zahlen würde dieses, gemessen am derzeitigen Anteil von 1,4% des BIP, ein Sprung um mehr als 20 Mrd. Euro jährlich bedeuten. Damit würde Deutschland noch vor Russland rangieren, d.h. weltweit nach den USA und China an dritter Stelle. Derzeit rangiert Deutschland weltweit auf Platz 11.2Generell sagt aber der monetäre Input nur begrenzt etwas über den militärischen Output aus (gleichgültig ob dieser anhand der Anzahl von Panzern, des generellen Kampfwertes oder etwas anderem gemessen wird) und noch weniger über damit einhergehende (Un)Sicherheit. Die Militärausgaben eines Jahres sind jedoch nur eingeschränkt aussagekräftig, da Modernisierung und Aufrüstung meist langfristige Prozesse sind; die Zahlen eines Jahres sind dagegen insbesondere bei der Beschaffung nur eine Momentaufnahme. Betrachtet man die zurück liegenden Jahre, stellt man aber fest, dass sich das Bild kaum ändert.3Vergleichszahlen bzw. Grafiken bei Bayer u. Mutschler, März 2022
Struktur der deutschen Militärausgaben
Die deutschen Militärausgaben wurden seit 2015 kontinuierlich erhöht. Im wesentlichen sind diese im Einzelplan 144Quelle: https://bundeshaushalt.de des Bundeshaushaltes enthalten. Bei den entsprechenden Ausgaben des Bundesministeriums für Verteidigung (BMVg) 2022 in Höhe von 50,4 Mrd. Euro haben die militärischen Beschaffungen einen Anteil von 9,8 Mrd. Euro.5Im vorliegenden Kontext sind noch relevant: Unterbringung (stationäre Infrastruktur) mit 6,0 Mrd. Euro, Materialerhaltung mit 4,6 Mrd. Euro sowie Wehrforschung, Entwicklung und Erprobung mit 2,2 Mrd. Euro
Für den Anteil der Militärausgaben am BIP werden darüber hinaus weitere Haushaltsposten hinzu gezogen, weshalb auch von Militärausgaben nach NATO-Kriterien gesprochen wird, die für das von den NATO-Mitgliedsstaaten proklamierte Ausgabenziel relevant sind. Dieser Wert liegt um ca. 5 Mrd. Euro über den des Einzelplans 14, d.h. die deutschen Militärausgaben belaufen sich für 2022 demnach auf 55.6 Mrd. Euro.6Siehe dazu auch Wagner, 2022
Abb. 2-2: Entwicklung deutscher Militärausgaben und Investitionen in erneuerbare Energien in Trendlinien
Die deutschen Rüstungsausgaben sind seit 2014 kontinuierlich gestiegen. Zum Vergleich: In erneuerbare Energien wurden 2021 in Deutschland ca. 13 Mrd. Euro investiert. Der Höchstwert hierfür lag 2010 bei ca. 28 Mrd. Euro. |
2.2 Das Bundeswehr-Sondervermögensgesetz
Wesentliche Inhalte des Gesetzes
In dem Gesetz zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ (BwFinSVermG)7https://www.gesetze-im-internet.de/bwfinsvermg/BwFinSVermG.pdf BwFinSVermG: Die ursprüngliche Bezeichnung war BwSVermG. wird in §1 festgehalten, dass „im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf Basis der aktuellen Regierungsprognose für Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien bereitgestellt“ werden.
Anzumerken ist dazu: Wenn das BIP aufgrund wirtschaftlicher Rezession sinkt, erhöhen sich damit automatisch auch die Anteile der Verteidigungsausgaben.
Die in Anspruch genommenen Kredite sind spätestens ab dem 1.1.2031 „innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückzuführen“.
Anzumerken ist noch, dass im aktuellen Bundeshaushalt 2022 mehrere Posten als Sondervermögen ausgewiesen sind. Beispielsweise wurde der Energie- und Klimafonds auf 106 Mrd. Euro aufgestockt. Dieses Sondervermögen ist jedoch auch mit einer Einnahmenseite ausgewiesen, vor allem aus dem nationalen und EU-Emissionshandel bzw. der CO2-Bepreisung.8https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-885902 Maßgebend für die Ausweisung als Sondervermögen ist in diesem Fall die Bewirtschaftung durch mehrere Ministerien.9Siehe dazu auch die Kritik der Umweltverbände, die in einem gemeinsamen, offenen Brief vom 29.3.2022 an Bundeskanzler Olaf Scholz formuliert wurde: „Energiesouveränität durch das größte Klimaschutz-Investitionspaket aller Zeiten“. Quelle: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/bund/BUND_offener_Brief_Energiesouveraenitaet_Scholz.pdf
Dem gegenüber handelt es sich bei dem BwFinSVermG um Ausgaben, die bisher offenbar komplett durch den Einzelplan 14 des Bundeshaushaltes abgedeckt waren. Damit entsteht faktisch ein Schattenhaushalt mit einem intransparenten „Verschiebebahnhof“.
Im Wirtschaftsplan 2022 des BwFinSVermG werden für künftige Jahre 82 Mrd. Euro ausgewiesen. Ergänzt wird dieser Betrag noch durch bereits beschlossene und bislang im „normalen“ Verteidigungshaushalt verbuchte Posten, die nun in das Sondervermögen verschoben werden sollen, womit das Budget ziemlich genau ausgeschöpft wird.10Näheres dazu von Jürgen Wagner unter: https://www.imi-online.de/2022/10/14/das-bundeswehr-sondervermoegen-ein-fall-fuer-den-rechnungshof/
Zur Laufzeit des BwFinSVermG dazu einige Anmerkungen aus einem Fachbeitrag:
Wie lange das Sondervermögen genutzt wird, kann erst abgeschätzt werden, wenn alle Vorhaben unter Vertrag genommen sind und die Zeitpläne für die Auslieferung und damit die Termine für die Rechnungslegung bekannt sind. Für die schweren Transporthubschrauber beispielsweise reichen die Zulaufzeiten über elf Jahre nach Vertragsschluss und für die U-Boote U-212 CD bis 2034. FCAS und MGCS werden zu dem Zeitpunkt vielleicht erst in die Produktion gehen. Daraus ergibt sich eine Laufzeit des Sondervermögens über mindestens elf Jahre mit einem durchschnittlichen Mittelabfluss von 9 Milliarden Euro jährlich. Da einige Vorhaben kürzere Laufzeiten haben werden, kann in der Mitte des Geltungsbereichs des BwSVerm während einiger Jahre ein Mittelabfluss von rund 15 Milliarden Euro erwartet werden.11https://esut.de/2022/06/meldungen/34634/ausschuesse-segnen-wirtschaftsplan-zum-sondervermoegen-ab/
Ausgabenblöcke nach „Dimensionen“
Die mit dem BwFinSVermG geplanten Investitionen gliedern sich derart auf, dass die Zusammenstellung nicht nach den Teilstreitkräften Heer, Luftwaffe und Marine, sondern nach „Dimensionen“12Siehe dazu: https://www.bundeswehr.de/de/organisation erfolgt.
Die Projektliste bzw. der Wirtschaftsplan (Auszüge im Anhang A.1) soll jährlich fortgeschrieben werden, wobei im Verteidigungs- und Haushaltsausschuss jedes Vorhaben über 25 Mio. Euro noch einmal separat bewilligt werden muss. Die Projekte verteilen sich über die „Dimensionen“ wie folgt:
Luft (33,4 Mrd. Euro): u.a. Beschaffung von Kampfjet F-35 (siehe Projektbeispiel Kap. 6.1) und Transporthubschrauber CH-47F in den USA, sowie Aufrüstung des Eurofighters für elektronische Kampfführung. Mit der Übernahme vorhandener Posten aus dem Epl 14 erhöht sich diese Summe auf 40,9 Mrd. Euro.
Führungsfähigkeit/Digitalisierung (20,7 Mrd. Euro): Funkverkehr nach internationalen Standard, insbesondere für Auslandseinsätze.
Land (16,6 Mrd. Euro): Nachrüstung des Schützenpanzers Puma (siehe Projektbeispiel Kap. 6.2) und Nachfolger für vorhandene Panzersysteme.
See (8,8 Mrd. Euro): u.a. für die bereits in der Realisierungsphase befindlichen Korvetten K130 und Fregatten F126 (siehe Projektbeispiel Kap. 6.3), sowie das in Entwicklung befindliche U-Boot 212 CD. Mit der Übernahme vorhandener Posten aus dem Epl 14 erhöht sich diese Summe auf 19,3 Mrd. Euro.
Außerdem noch genannt werden im Wirtschaftsplan 2,0 Mrd. Euro für die persönliche Ausrüstung sowie Forschung und Entwicklung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz für 422 Mio. Euro.
Einer gesonderten Betrachtung bedarf der Block Digitalisierung, der mit einer großen Anzahl von Einzelprojekten zu einer komplexen Vernetzung vor allem von Boden- und Luftstreitkräften führen soll, wie beispielhaft im Kap. 6.4 anhand des Gesamtprojektes FCAS/MGCS dargestellt.
2.3 Außenpolitische und industrielle Strategien
Vorgaben für die Bundeswehr
Sogenannte Weißbücher des BMVg bilden die Grundlage für die Aufgaben der Bundeswehr13Letzteres wird in aktuell in einem eigenen Dokument unter dem Titel „Konzeption der Bundeswehr“ näher spezifiziert, das 2018 herausgegeben wurde.. Adressiert sind diese sowohl an den Bundestag wie an die Öffentlichkeit. Für die Bundeswehr immer noch gültig ist das Weißbuch vom Juli 201614https://www.bmvg.de/de/themen/dossiers/weissbuch, das bereits im Oktober 2014 angekündigt und in einem intensiven Diskussionsprozess erarbeitet wurde.15Die vorhergehende Ausgabe stammt aus dem Jahr 2006, mit einem inhaltlichen Schwerpunkt auf Begründungen für Auslandseinsätze, vor dem Hintergrund der Globalisierung und der daraus sich ergebenden wirtschaftlichen Interessen und Abhängigkeiten Deutschlands.
Das aktuelle Weißbuch 2016 trägt den Untertitel „zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“. Die Hauptaufgabe der Bundeswehr wird demnach wieder in der Landes- und Bündnisverteidigung gesehen, als Reaktion auf die Ukrainekrise seit 2014. Auch die zwischenzeitlich erfolgte Aussetzung der Wehrpflicht wird darin indirekt thematisiert, indem auf einen steigenden Bedarf an Spezialisten, wie IT-Fachleute, Ingenieure und Sanitätspersonal verwiesen wird.
Zu den Rüstungsausgaben heißt es im Weißbuch 2016:
Der Neuausrichtung des Rüstungswesens liegen folgende Prämissen zugrunde:
– Die Bundeswehr beschafft bedarfsorientiert und praktiziert damit ein modernes Rüstungsmanagement.
– Eine eigenständige, leistungsfähige und wettbewerbsfähige Verteidigungsindustrie in Europa einschließlich der nationalen Verfügbarkeit von Schlüsseltechnologien ist unverzichtbar.
– Multinationale Kooperation wird durch den Lead-Nation-Ansatz gestärkt.
– Innovation ist der Schlüssel zur Zukunftssicherung.
– Transparenz nach innen und außen hat den Rang eines strategischen Prinzips
Bemerkenswert ist auch der folgende Hinweis, auf den in der Anlage A.4 näher eingegangen wird:
„IT mit den typischen kurzen Innovationszyklen muss schneller beschafft werden als andere Ausrüstung; und dringender Bedarf für die Einsätze muss weiter deutlich pragmatischer realisiert werden als die langfristige Planung von Hauptwaffensystemen.“
Mit dem BwFinSVermG wurde als Begründung auch explizit das Weißbuch 2016 zugrunde gelegt. Die Summe für Beschaffungsmaßnahmen von 100 Mrd. Euro wurde aber ohne eine parlamentarische und gesellschaftliche Debatte zu Nutzen und Einsatzszenarien für die anvisierten Projekte beschlossen.16Quellen aus dem Bundestag verweisen darauf, dass das „Sondervermögen“ bereit im Oktober 2021 intern diskutiert wurde. Diese gelten jedoch als Verschlusssache. Aktuell ist eine neue nationale Sicherheitsstrategie in Arbeit.17Eine neue nationale Sicherheitsstrategie könnte zu einem neuen Weißbuch für die Bundeswehr führen.
Industriepolitik und Nationale Schlüsseltechnologien
Wie bereits aus dem Weißbuch 2016 zitiert, spielen nationale Schlüsseltechnologien eine wesentliche Rolle für die politischen Anforderungen an die Bundeswehr.
Hierbei spielt nicht das BMVg, sondern das Wirtschaftsministerium (BMWK) eine führende Rolle. Das BMWK war darüber hinaus auch führend bei der Erstellung von Strategiepapieren der Bundesregierung „zur Stärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland“.
Nach einem im Juli 2015 veröffentlichen Papier erfolgte bereits im Februar 2020 eine Neufassung. Im Unterschied zum Vorgängerpapier werden nicht nur die Gemeinsamkeiten zwischen ziviler Sicherheits- und Verteidigungsindustrie betont, sondern es wird vor allem auf neue Technologien verwiesen, wie die Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, unbemannte Systeme, Hyperschalltechnik, Biotechnologien und Cyber-Instrumente.
Ebenso wie im Vorgängerpapier spielt die Nennung von verteidigungsindustriellen Schlüsseltechnologien18https://www.bmvg.de/de/aktuelles/ruestung-liste-nationaler-schluesseltechnologien-ueberarbeitet-171464 eine zentrale Rolle, wobei diese jeweils in einer grafischen Darstellung auf drei Ebenen verteilt werden:
- Nationale Schlüsseltechnologien;
- Europäisch: Sicherung der Technologie, Kooperation mit europäischen Partnern;
- Global: Rückgriff auf global verfügbare Technologien.
Abb. 2-3: Militärische Schlüsseltechnologien
Die Darstellung ist angelehnt an eine Grafik aus dem o.g. Strategiepapier des BMWK (bzw. BMWi). |
Rüstungsproduktion und Exporte
Für Rüstungsprojekte kann zugrunde gelegt werden, dass 30 bis 50% der Produktion für die Deckung eines Eigenbedarfs vorgesehen ist und Gewinnmargen überwiegend über Exporte erzielt werden, worauf an dieser Studie nicht näher eingegangen werden kann.19Verwiesen werden soll an dieser Stelle nur darauf, dass die in Deutschland langjährig politisch geforderten Restriktionen für Waffenexporte durch die transnationalen Konzernstrukturen leicht ausgehebelt werden können. Die offiziellen deutschen Rüstungsexportgenehmigungen beliefen sich in den letzten 10 Jahren mit starken jährlichen Schwankungen auf ca. 4 bis 8 Mrd. Euro.20Siehe dazu auch IMI 2022: Handbuch Rüstung Gemäß dem Wirtschaftsplan zum BwFinSVermG sind vor allem mit zwei Projekten aus den USA (Kampfjet F-35 und Transporthubschrauber Chinook auch zu importierende Rüstungsgüter enthalten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei den gewünschten Lieferchargen auch Besonderheiten mit industrieller Wertschöpfung in Deutschland vorgesehen sind. Das Kostenvolumen von global importierter Wertschöpfung dürfte deshalb einen Anteil von deutlich unter 20% haben.
Klimawandel als militärisches Sicherheitsrisiko
Insbesondere in den USA beschäftigt sich das Militär bereits seit langen Jahren mit den Folgen des Klimawandels. Dabei geht es vor allem um die Resilienz bei den multiplen Wirkungen von tropischen Wirbelstürmen. Der Wissenschaftliche Dienst (WD) des Bundestages hat diese Thematik in zwei sich ergänzenden Dokumentationen 202121Streitkräfte und Klimawandel | WD 2 – 3000 – 065/21 (Nov. 2021) und 202222Klimabedingte Herausforderungen für die Bundeswehr | WD2 – 3000 – 014/22 (März 2022) zusammen gefasst. Aus den zahlreich aufgeführten Quellen wird u.a. der World Climate and Security Report 202023Dieser wird herausgegeben vom International Military Council on Climate and Security., – https://imccs.org/ zitiert, wo u.a. Wasserunsicherheit sowie die Gefährdung von militärischer Infrastruktur, Geräten, Einsatzbereitschaft und Einsätzen genannt werden. In der ergänzenden Dokumentation des WD vom März 2022 heißt es einleitend:
Die Bundeswehr wird die schon eingeleitete Verringerung des umweltschädlichen Fußabdrucks auf ein Minimum verstärken.
Vermerkt wird in dem Dokument des WD auch explizit, dass die Bundeswehr sich an Anstrengungen zur Emissionsreduktion beteiligen muss, aber vor allem im Rahmen von Auslandseinsätzen nur in geringem Maße emissionsarme und grüne Technologien einsetzen kann.24Siehe dazu auch Kap. 5 dieser Studie zu den Konsequenzen des Deutschen Klimaschutzgesetzes sowie Kap. 7.1 Problemaufriss Klimawandel.
2.4 Ziviler Nutzen von Rüstungsgütern
Den für Rüstungsgüter entstehenden Kosten und den daraus entstehenden Umweltbelastungen muss natürlich eine Gegenrechnung zu dem zivilen Nutzen erfolgen, soweit dieser darstellbar ist. Eine entsprechende Analyse ergibt jedoch eine sehr dürftige Bilanz, nicht nur für den Einsatz von Humanressourcen, sondern auch für Rüstungsobjekte im zivilen Katastropheneinsatz.25Siehe dazu Peil u. Brandt, 20220: Abschn. 2.3 und 2.4 Zivil-militärische Zusammenarbeit Ein Beispiel dafür sind Transporthubschrauber, deren Bestand bei der Bundeswehr diejenigen für den zivilen Einsatz (717 im Jahr 2021)26https://de.statista.com/statistik/daten/studie/155527/umfrage/anzahl-der-hubschrauber-in-deutschland/ erheblich übersteigt. Es hat sich aber bei dem Einsatz von Bundeswehr-Hubschraubern zur Waldbrandbekämpfung mit Löschwasserbehältern gezeigt, dass diese hierfür nur bedingt geeignet sind, wie in einem Bericht des Innenministeriums des Landes Brandenburg als Analyse der Waldbrände 2018 festgestellt wurde.27Früherer Link (nicht mehr aufrufbar): https://mik.brandenburg.de/media_fast/4055/Waldbrandbericht_2018.pdf Mit der über das Investitionspaket vorgesehenen Beschaffung des US-Transporthubschraubers CH-471 dürfte sich daran nichts ändern, da dieser vor allem auf den Lufttransport schwerer militärischer Landfahrzeuge ausgelegt ist.28https://www.globalsecurity.org/military/systems/aircraft/ch-47f-block-ii.htm Aktivitäten zur künftigen Bekämpfung von Waldbränden gibt es aber auf EU-Ebene zum Einsatz von Löschflugzeugen. Airbus hat zusammen mit der der spanischen Luftwaffe, den europäischen Brandschutzbehörden und dem spanischen Ministerium für Ökologischen Wandel und Demografie eine Feuerlöscheinrichtung für das Transportflugzeug A400M entwickelt und getestet. Nach Angaben von Airbus können die Feuerlöscheinrichtungen ohne konstruktive Änderungen mittels einfacher Umrüstung eingesetzt werden.29https://esut.de/2022/07/meldungen/35620/a400m-auf-dem-weg-zum-feuerloeschflugzeug/ Relevant ist in diesem Kontext auch, dass Personal und Ausrüstung des THW als zivile Institution des Bundes für Katastrophenfälle verglichen mit der Bundeswehr sehr bescheiden sind (siehe dazu Anlage A.3 – Tab. A-2: Gesamter Fahrzeugbestand der Bundeswehr und Vergleichszahlen).
2.5 Fazit
Folgende Kritikpunkte ergeben sich damit an der militärischen Aufrüstung mit dem Investitionspaket:
Keine Planung für reale Sicherheitsrisiken: Gegen das globale Sicherheitsrisiko Klimawandel und der hierfür notwendigen Resilienz gegen Wirbelstürme, Hochwasser und Waldbrände erfolgen im wichtigsten institutionellen Ausgabenbereich des Bundes noch keinerlei projektorientierte Planungen. Ein ziviler Nutzen der Rüstungsinvestitionen ist damit nur minimal vorhanden.
Intransparenz und Ineffizienz der gesamten Prozesskette des Beschaffungswesens: Hierzu gibt es zahlreiche Gutachten, insbesondere seitens des BRH.
Unrealistische Industriestrategie mit militärischen Schlüsseltechnologien: Die deutsche Rüstungsindustrie erhält mit dem Investitionspaket einen Schub, der aufzeigt, dass deren Förderung in erster Linie nicht auf (den zweifellos auch vorhandenen) Lobbyismus zurückgeht, sondern auf politisch-strategische Vorgaben. Damit zeigen sich Parallelen zum Aufbau der zivilen Atomindustrie in Deutschland ab Mitte der 50er Jahre.30Vereinfachend kann hierzu auf die Biografie von Franz-Josef Strauß und seiner Tätigkeit als Atomminister von 1955 bis 1956 verwiesen werden. Siehe dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Josef_Strau%C3%9F Vor allem auch vor dem Hintergrund extrem stark gestiegener Rohstoffpreise ist dieses Konzept aber fragwürdig.
Prioritätensetzung zu Lasten des Ausbaus erneuerbarer Energien: Das Investitionspaket für die Bundeswehr führt zu direkten und indirekten Rückwirkungen beim Ausbau erneuerbarer Energien31Näheres dazu auch im Kap. 4 zur direkten Konkurrenz von metallischen Ressourcen für erneuerbare Energien versus Rüstungsinvestitionen. und der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Literaturhinweise
IMI, 2022
Handbuch Rüstung | Hrsg. Informationsstelle Militarisierung e.V.
http://www.imi-online.de/2019/11/20/nachhaltige-bundeswehr/
Peil, Karl-Heinz; Brandt, Götz. 2020
Militär und sozial-ökologische Konversion | Hrsg: Ökologische Plattform bei der Partei DIE LINKE
https://umwelt-militaer.org/militaer-und-sozial-oekologische-konversion/
Wagner, Jürgen. 2022
Im Rüstungswahn – Deutschlands Zeitenwende zu Aufrüstung und Militarisierung
PapyRossa-Verlag, Oktober 2022