CEOBS-Konferenz zu militärischen CO2-Emissionen
Dieser Beitrag enthält Auszüge aus Folien mit kurzen Stichworten und Zusammenfassungen auf deutsch zur ersten internationalen Konferenz zum Thema Militärische und konfliktbedingte Treibhausgasemissionen (Military and Conflict GHG Emissions) vom 26. Sept. 2023 – von Karl-Heinz Peil (Stand: 27.1.2024)
Video-Mitschnitte und Folien der insgesamt 4 Panels unter:
https://ceobs.org/conference-military-and-conflict-ghg-emissions-from-understanding-to-mitigation/
Inhalt
Status und Erfordernisse zu militärischen Treibhausgasemissionen
Beitrag von Linsey Cottrell – Conflict and Environment Observatory
Homepage: https://ceobs.org und https://www.militaryemissions.org
Folien des Vortrages: https://ceobs.org/wp-content/uploads/2023/11/Panel-1-An-overview-of-the-military-carbon-footprint.pdf#page=2
Maßgebend für eine globale Bewertung ist die Überschreitung der planetarischen Belastungsgrenzen durch ökologische Kipppunkte. Deren Anzahl hat in den letzten 15 Jahren dramatisch zugenommen. Als solche sind zu nennen:
- Integrität der Biosphäre (Ökosystem global)
- Klimawandel
- biochemische Prozesse (z.B. Schadstoffbelastungen in der Nahrungskette)
- Landnutzung (Agrarwesen)
- modifizierte Lebewesen, Gentechnik (novel entities)
- Trinkwasser (Blue water) und Wasser für die Pflanzenwelt (Green water)
Eine Abschätzung von CEOBS und SGR kommt zu folgendem Ergebnis:
Das Militär verursacht jährlich 2.750 Mio. Tonnen CO2, entsprechend 5,5% des jährlichen Gesamtvolumens. Methodische Basis hierfür sind die Kopfzahlen des „aktiven“ Militärpersonals und der „stationären“ Emissionen. Auf dieser Basis wird ein Verhältnis zwischen „stationären“ und mobilen Emissionen sowie ein Multiplikator für die Lieferketten zugrunde gelegt.
Einen deutsche Übersetzung der zugrunde liegenden Studie dazu siehe: https://umwelt-militaer.org/sgr-emissionen-global/
siehe dazu auch:
https://umwelt-militaer.org/bws-a/#A7_Schluesselkategorien_zur_Erfassung_militaerischer_Treibhausgase
siehe auch: https://umwelt-militaer.org/bws-a/#A7_Schluesselkategorien_zur_Erfassung_militaerischer_Treibhausgase
Betonverbrauch als Teil des ökologischen Fußabdrucks
– Am Beispiel des Einsatzes von Betonmauern im Irakkrieg 2003 bis 2008.
Beitrag von Dr. Reuben Larbi als Vertreter des Forschungsprojektes: Lieferketten- und Lebenszyklusanalyse des ökologischen Fußabdrucks beim US-Militär (A supply chain and life cycle analysis fo the US military’s environmental footprint).
Homepage: https://www.concreteimpacts.org
Betonbarrieren sind ein wichtiger Bestandteil der modernen Kriegsführung und militärischen Kontrolle in Besatzungsgebieten. Wichtigste Beispiele aus der jüngsten Zeit dafür sind Afghanistan, das Westjordanland und der Irak.
Der weltweite Verbrauch von Beton liegt bei ca. 30 Mio. Tonnen jährlich. Beton trägt damit zu ca. 8% der gesamten globalen Treibhausgasemissionen bei.
Die sozio-ökonomischen Wirkungen von Betonwänden sind gravierend durch die dazu erforderlichen Checkpoints und Verkehrslenkungen.
Allein in Bagdad wurden in der Zeit von 2003 bis 2008 schätzungsweise 412 km Betonwände verbaut.
Gemäß einer Lebenszyklusanalyse entspricht dieses einem CO2-Äquivalent von 0,2 Mio. Tonnen.
Kriegsbedingte Emissionen am Beispiel des Ukraine-Krieges
Beiträge von: Lennard de Klerk und Mykola Shlapak – Initiative on GHG Accounting of War
Folien des Vortrages: https://ceobs.org/wp-content/uploads/2023/11/Panel-3-Understanding-wartime-emissions-lessons-from-Ukraine.pdf
Weitere Infos dazu unter: https://en.ecoaction.org.ua/publication
Zu den Quellen der Emissionen aus der direkten Kriegsführung im einzelnen:
Treibstoffe:
18,8 MtCO2e an Treibhausgasemissionen im ersten Kriegsjahr, einschließlich direkter Emissionen aus der Verbrennung und vorgelagerter Emissionen.
Für die Berechnungen wurde der Durchschnittswert aus zwei verschiedenen Top-Down-Ansätzen (basierend auf den gemeldeten Treibstofflieferungen über die Eisenbahn und dem beteiligten Personal) verwendet.
Munition:
2 MtCO2e an THG-Emissionen aus der Verwendung von Artilleriemunition, anderer Munition und Sprengstoffen.
Dazu erfolgte ein Lebenszyklus-Ansatz: Treibhausgasemissionen aus der Herstellung von Munition und den entsprechenden Rohstoffen, der Verbrennung des Treibstoffs während des Abfeuerns und der Detonation des Gefechtskopfs am Aufschlagpunkt.
Die Intensität des Artillerieeinsatzes auf beiden Seiten des Krieges während der verschiedenen Kriegsperioden wurden als Schlüsselaktivitätsdaten verwendet. Als Emissionsfaktoren wurden Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen einer 155-mm-Artilleriegranate über den gesamten Lebenszyklus sowie der CO2-Fußabdruck von Stahlelementen verwendet.
Militärische Ausrüstung:
0,9 MtCO2e an THG-Emissionen aus der Herstellung von zerstörtem und beschädigtem militärischem Gerät.
Für die Herstellung aller Maschinen werden Baustähle, legierte Stähle, Gussmaterialien, Leichtmetalllegierungen, Kunststoffe und andere kohlenstoffintensive Ressourcen benötigt. Über den CO2-Fußabdruck der Herstellung von Militärausrüstung liegen nur begrenzte Forschungsergebnisse vor, und es wurden Näherungswerte für andere Arten von Ausrüstung verwendet. Die Hersteller von Militärausrüstung liefern zwar zunehmend Berichte über ihre CO2-Bilanz, beschränken sich jedoch auf Scope-1- und Scope-2-Emissionen und stellen keine Daten zu den wichtigsten Scope-3-Emissionskategorien, wie z. B. Emissionen aus der Herstellung von Materialien und der Produktnutzung, zur Verfügung.
Festungsanlagen:
0,1 MtCO2e THG-Emissionen aufgrund der Herstellung von Beton und anderen Materialien, die für den Bau von Festungsanlagen verwendet werden.
Dazu gehören vor allem Hunderte von Kilometern Panzersperren („dragon’s teeth“).
Schadensbegrenzung durch Decarbonisierung der Luftfahrt?
Militärische Emissionen entstehen zu etwa 2/3 durch die Luftwaffe. Deshalb muss bei allen Überlegungen zu einer Decarbonisierung des Militärs geprüft werden, inwieweit dieses für die zivile Luftfahrt möglich ist. Die diesbezüglich erfolgenden Feststellungen sind in vollem Umfang auf die militärische Luftfahrt übertragbar. Die nachfolgenden Folien zeigen, dass eine klimaneutrale Luftfahrt unter Beibehaltung des derzeitigen Umfangs völlig utopisch ist.
Beitrag von: Finlay Asher – Safe Landing
Folien des Vortrages: https://ceobs.org/wp-content/uploads/2023/11/Panel-4-Military-carbon-footprints-how-do-we-decarbonise.pdf#page=10
Wie groß ist das Problem?
Die CO2-Emissionen sind nur die Spitze des Eisberges. Die gesamte Klimawirkung durch Nicht-CO2-Effekte kann auf das 3-fache veranschlagt werden.
Der Einsatz von sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF) würde riesige Ressourcen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erfordern, wie aus den nachfolgenden Grafiken ersichtlich.
Die nachfolgende Grafik mit der Gegenüberstellung vorhandener Kraftwerkskapazitäten für die Stromerzeugung in UK und den erforderlichen Strombedarf für E-Fuels (SAF) zeigt den utopischen Charakter solcher Pläne, die von der Luftfahrtindustrie aber dennoch verfolgt werden als „Sustainability play book“. Alternativ wären noch „Bio“-Kraftstoffe möglich, die aus Energiepflanzen gewonnen werden können. Der Flächenbedarf hierfür wäre aber gigantisch und steht bereits jetzt in Konkurrenz zur Agrarproduktion für Lebensmittel.
Noch weniger realistisch sind prinzipiell denkbare Umstellungen der Luftfahrt auf batteriegestützte Elektroantriebe oder auf Brennstoffenzellenantriebe mit Wasserstoff.
Diese Probleme sind für die zivile Luftfahrt nicht lösbar – und erst recht nicht für die militärische Luftfahrt. (KP)