Blutige Ölpolitik, Klimakriege und das Militär TP
Teil 1: Wie blutige Ölpolitik und Klimakriege die Zukunft verbrennen
Umweltschützer Nnimmo Bassey über die Plünderung Afrikas, Unterdrückung von Protesten und die Verbrennung eines Kontinents für Profite
Interview von David Goeßmann (5.6.2022)
Auszüge:
Die fossilen Plünderungen und der Ölrausch von Konzernen in Afrika halten an: von Uganda bis nach Namibia. Proteste dagegen werden gewaltsam von repressiven Regierungen unterdrückt. Währenddessen wüten Dürren, Überschwemmungen und Zyklone auf dem Kontinent. „Letztlich lassen wir Afrika verbrennen“, sagt Nnimmo Bassey im Interview mit David Goeßmann
Im Moment stehen wir in Afrika vor großen Herausforderungen, wie Sie schon sagten: Nahrungsmittelknappheit in Madagaskar. Überall auf dem Kontinent kämpfen die Menschen gegen Küstenerosion und Landverlusten.
Die neuesten Daten sprechen von 2 Metern, die pro Jahr verloren gehen, an den Küsten. Das ist dramatisch, wir verlieren Gebäude, wir verlieren Infrastruktur. Wir haben Probleme mit voranschreitender Wüstenbildung in Gegenden wie Nordnigeria.
Anstatt unsere Wälder zu schützen, findet massives Abholzen statt, ein sich verschlimmerndes Problem. Fossile Brennstoffindustrien betreiben riesige Gasöfen, die Kohlendioxid, Methan, Stickstoff und Natriumschwefeloxide in die Atmosphäre freisetzen, auch das verschärft die Situation weiter.
Und die Folgen zwingen die Menschen zur Migration. Es gibt viele Klimaflüchtlinge aus Afrika. Durch den Wasserstress im Norden Nigerias und an anderen Orten entzünden sich gewalttätige Konflikte, die nur oberflächlich betrachtet religiöser Natur sind, in Wirklichkeit aber Klimakonflikte sind. Das führt zu vielen weiteren Problemen.
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Deshalb fordern wir echte Klimaschutzmaßnahmen, die Senkung der Emissionen, die Änderung unseres Lebensstils, die Abkehr von der modernen industriellen Landwirtschaft, welche Wälder zerstört und zu Monokulturen führt, die Unterstützung von Kleinbauern, die Förderung einer umfassenden Ökologie, die uns gesunde Böden, gesunde Lebensmittel und gesunde Bauern beschert – und darüber hinaus noch den Planeten abkühlt.
Mit sehr einfachen Dingen können wir die Erderwärmung in den Griff bekommen, zum Beispiel durch die Reduzierung unseres Mülls, die Reduzierung des übermäßigen Konsums und das Arbeiten und Leben innerhalb der globalen Grenzen. […]
Teil 2: Im Rausch der Fossilen: Warum Militärs das Klima zerstören und die Jugend rebelliert
Der Umweltschützer Nnimmo Bassey kämpft seit Jahrzehnten gegen Klimaverbrechen. Im Telepolis-Interview spricht er über das Militär als größten Einzelverschmutzer, Klima-Reparationen und Rebellion
Interview von David Goeßmann (5.6.2022)
Auszüge:
Das Militär ist „ein zentraler Sektor, der verhindert, dass wirklich etwas gegen die Klimakrise getan wird.“ Die Treibhausgase des Militärs als größter Einzelverschmutzer werden aber bei den Klimaverhandlungen ausgeklammert. […]
Was ist die Verbindung zwischen Militär und Krieg auf der einen Seite und Klimakrise und Klimapolitik auf der anderen?
Nnimmo Bassey: Regierungen bauen ihr Militär aus, um damit Kriege zu führen. Auch die Hersteller von Munition und Rüstungsgütern freuen sich, wenn sich Konflikte entzünden. Deshalb haben wir heute so viele Konflikte in der Welt. Die meisten davon sind Ressourcenkonflikte, bei denen der Verkauf von militärischer Ausrüstung angekurbelt wird und neue Waffen getestet werden können.
Man wählt dafür arme Länder. Libyen ist fast völlig dem Erdboden gleichgemacht worden, der Irak liegt in Schutt und Asche, wir haben Kämpfe und Kriege in Afghanistan. Keiner dieser Kriege ist neutral, keiner von ihnen beruht auf grundsätzlichen Spaltungen in der Bevölkerung der Länder. Bei all diesen Kriegen geht es um Ressourcenkolonisierung und Ressourcenkontrolle durch mächtige externe Interessen.
Bei den Klimaverhandlungen ist immer wieder zu hören, dass die Emissionen der Militärs bei der Berechnung der Kohlenstoffmenge in der Atmosphäre nicht berücksichtigt werden. Es ist also eine bewusste Auslassung. Es ist nicht so, dass die Welt nicht weiß, dass dieser Sektor mit seinen Flugzeugen, Schiffen und allem, was dazugehört, einer der größten Verschmutzer ist.
Die Emissionen des Militärs auszublenden zeigt, dass die Klimaverhandlungen nicht ernsthaft betrieben werden und mit Menschenleben pokern.
Und zweitens ist das Militär so mächtig, dass es sehr viele Investitionen und Ressourcen auf sich ziehen kann. Vorgeblich geht es um den Aufbau von Widerstandsfähigkeit. Aber in Wahrheit verringert es die Widerstandsfähigkeit, da Länder und ihre Infrastrukturen durch militärische Gewalt zerstört werden. Es reduziert die Kapazitäten der Bürger:innen in den betroffenen Ländern, sich gegen die Auswirkungen der globalen Erwärmung zu schützen.
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