PFAS: Chemie, die kostet | Update (IS)
Umweltchemie: Der Cocktail-Effekt
Wir sind täglich zahlreichen Umweltchemikalien ausgesetzt. Wie dieser Chemie-Cocktail auf uns wirkt, wird aber selten untersucht.
von Daniela Gschweng – Infosperber (29.3.2022)
Auszüge:
Eine fast unendliche Zahl bekannter und unbekannter künstlicher Stoffe ist in Gewässern, im Hausstaub und in der Luft. Viele sind als gesundheitsschädlich bekannt. Als nicht fachverbundener Leser kennen Sie vielleicht einige davon, zum Beispiel Bisphenol A und Glyphosat. Wenn Sie «Infosperber» schon länger lesen, sind Ihnen auch Phthalate und PFAS ein Begriff. […]
Mögliche Risiken all dieser Substanzen einzuschätzen, ist nach Einschätzung der EU-Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien «weder realistisch noch ökonomisch machbar». Allein die Klasse der Fluorchemikalien PFAS besteht aus 4700 einzelnen Stoffen. Die Regulierungsbehörden können also gar nicht Schritt halten. […]
«Chem Trust» geht davon aus, dass mit den bisherigen Methoden kein angemessener Schutz der menschlichen Gesundheit möglich ist, und ruft die EU dazu auf, dringend aktiv zu werden.
Die Europäische Union soll mehr in die Überwachung der Chemikalienbelastung von Menschen und Umwelt investieren, schlägt sie vor. Auch die Regulierungsprozesse sollten entrümpelt und beschleunigt werden. Ähnliche Chemikalien wie Phthalate, PFAS oder bromierte Flammschutzmittel könnten dazu als Gruppe erfasst werden, schlägt «Chem Trust» vor.
Der Risikofaktor MAF soll ausserdem fester Bestandteil der EU-Chemikalienverordnung REACH werden. Ein Vorschlag, der 2020 auch in die EU-Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien aufgenommen wurde. Geht es nach den Vorstellungen von «Chem Trust», soll für fast alle Chemikalien ein MAF von 100 gelten.
PFAS: Chemie, die kostet
«Ewige Chemikalien» sind nicht nur Thema für Gesundheits- und Gewässerschutz. Der Umgang mit ihnen wird auf Dauer sehr viel kosten.
Sie finden sich in Kleidung, Kosmetika, Dämmstoffen, Lacken, Reinigungsmitteln, Feuerlöschschäumen, Papier und vielem mehr. PFAS, zu Deutsch: Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, sind fast überall, denn ihre Anwendbarkeit ist schier unendlich. Die bekannteste unter den mehr als 4.000 verschiedenen Verbindungen ist PFOA (Perfluoroctansäure), die bei der Herstellung von Teflon verwendet wird. PFAS sind sehr stabil und äusserst langlebig. Sie werden deshalb als «ewige Chemikalien» bezeichnet. Diese Eigenschaft kostet die Steuerzahler jedes Jahr Milliarden. […]
Noch sind nicht alle Gefahrenherde entdeckt. In Frage kommen ehemalige Fabriken, Flughäfen, Feuerlöschplätze und Deponien. Bei jedem bekannt werdenden Schaden wird früher oder später untersucht, welche Stoffe in die Umwelt gelangt sind, wer PFAS im Blut hat und wieviel davon.
Vor allem aber wird verhandelt, wer verantwortlich ist und für die Kosten aufkommen wird. Dazu zählen neben Gesundheitskosten auch die Reinigung von Boden, Grund- und Trinkwasser und das Monitoring derselben. Sozioökonomische Kosten, die am Ende meist der Steuerzahler trägt. […]
von Daniela Gschweng – Infosperber (11.7.2020)
https://www.infosperber.ch/Artikel/Umwelt/PFAS-Chemie-die-kostet