Der SPIEGEL: Militär als Klimasünder
Ein Kommentar von Karl-Heinz Peil (23.9.2021)
In der jüngsten Ausgabe des SPIEGEL (Nr. 38 vom 18.9.2021) wird erstmals thematisiert: „Die Armeen der Welt sind Klimasünder, allen voran das US-Militär. Bisher gab es für sie keine Emissionsgrenzen. ..“
Zitiert werden zunächst aktuelle Pläne des Schweizer Militärs, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden.
Es scheint, dass man sich beim SPIEGEL auch bei der IMI-Analyse von Jacqueline Andres bedient hat, da aus deren zusammenfassender Darstellung der Studie von Neta Crawford zu dem tatsächlichen Verbrauch der US-Streitkräfte gemäß ihren Berechnungen an mehreren Stellen zitiert wird.
Zur Bundeswehr wird zu Recht auf „ein paar grüne Vorzeigeprojekte“ verwiesen. Dass es damit nicht allzu weit her ist, wurde z.B. jüngst bei dem politischen Fachgespräch des Naturschutzbundes Nabu thematisiert. Siehe dazu den Kommentar an dieser Stelle.
Zitiert wird vom SPIEGEL auch aus der Studie des britischen „Conflict and Environment Observatory“, dass die Bundeswehr für 4,5 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich ist und damit ein Vielfaches dessen, was offiziell angegeben wird. Auf diese Studie – die von der Fraktion der Linken im EU-Parlament beauftragt wurde – wird in dem IMI-Fact-Sheet Klima & Krieg verwiesen.
Abschließend heißt es in dem SPIEGEL-Beitrag:
„Dass der Klimawandel die Sicherheit in der Welt massiv bedroht, ist unter den westlichen Militärs hingegen Konsens.: Fluten, Feuer und Dürren werden Flüchtlingsströme auslösen, Staaten destabilisieren und neue Verteilungskonflikte befeuern. Gleichzeitig gefährdet das veränderte Klima schon jetzt die Brauchbarkeit vieler militärischer Anlagen.“
Ob dieses auch bei der Bundeswehr so angekommen ist, kann allerdings angezweifelt werden. Sicher ist: Das US-Militär beschäftigt sich bereits seit längerem mit der Problematik, durch die die Verfügbarkeit von Marine- und Luftwaffen-Stützpunkten gefährdet wird. Siehe dazu die IMI-Analyse: „Klimawandel und militärische Planungen – Ignoranz, Hilflosigkeit und fehlende Strategien zur Anpassung“.
Dort wird nicht nur vermerkt, dass zwar das Pentagon sich seit bereits seit langen Jahren kontinuierlich mit dem Problem befasst, nicht jedoch die Bundeswehr in einem vergleichbaren Maße. Dieses wurde in der genannten IMI-Analyse unter Bezug auf die Autoren Stefan Bayer und Simon Struck und deren Papier des German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS) an der Bundeswehrhochschule Hamburg zu den hier diskutierten Problemen kritisch vermerkt.
Interessant im aktuellen Zusammenhang ist: Die beiden GIDS-Autoren sind auch Verfasser eines am 15.9.2021 bei der Schweizer Militärwissenschaftlichen Zeitschrift stratos veröffentlichten Artikels zu den Fragen einer klimaneutralen Schweizer Armee unter dem Titel: „Trendszenario Grüne Armee: Strategische Überlegenheit durch Nachhaltigkeit?“
Und der SPIEGEL-Artikel beginnt mit dem Satz: „Der Schweizer Armee gebührt Respekt – nicht unbedingt für ihre Schlagkraft, aber für ihren vorbildlichen Fronteinsatz in der Klimakrise„.