Im Norden Syriens wird Durst als Waffe eingesetzt
Der Norden Syriens verdorrt. Die Erderhitzung trifft die Region so hart wie kaum eine andere, gleichzeitig drosselt die Türkei den Zufluss des Euphrats, der Lebensader des Landes. Klimawandel und Konflikte bilden eine Doppelkrise, wie sie auf Millionen Menschen weltweit zukommen könnte
Quelle: Greenpeace-Magazin Nr. 3-2023
Online-Fassung: https://www.greenpeace-magazin.de/leseecke/abgedreht
Auszug:
[…] Damit es nicht zu Engpässen kommt, hatten Syrien und die Türkei 1987 ein Abkommen geschlossen: Die Türkei verpflichtete sich, im Schnitt 500 Kubikmeter pro Sekunde nach Syrien durchzulassen – im Gegenzug sagte das Assad-Regime zu, der von der Türkei als Terrororganisation eingestuften kurdischen Widerstandsbewegung PKK in Syrien nicht länger Schutz zu gewähren. 36 Jahre später scheint der Deal nicht mehr zu gelten. Die Region im Norden und Osten Syriens, in der rund fünf Millionen Menschen leben, wird nicht mehr von Assad beherrscht, sondern von der kurdisch dominierten „Autonomen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien“ (AANES). Deren militärische Einheiten sind Verbündete des Westens im Kampf gegen den IS. Gleichzeitig haben sie aus ihrer Nähe zur PKK nie ein Geheimnis gemacht. Auch Welat Darwisch nicht. Auf seinem Schreibtisch stehen zwei gerahmte Bilder des PKK-Mitgründers Abdullah Öcalan.
Es ist eine Provokation für die Türkei. Sie greift den Nordosten Syriens unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung regelmäßig mit Drohnen an. Präsident Recep Tayyip Erdoğan, so scheint es, würde die Kurden lieber gleich als später fallen sehen. Und statt 500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus dem Euphrat kommen in Syrien laut UN-Angaben nur noch rund 200 Kubikmeter an. „Es ist egal, ob sie den IS mit Waffen unterstützen, um uns zu bekämpfen – oder ob sie uns das Wasser sperren, sodass wir verdursten oder migrieren“, sagt Darwisch. […]