US Air Base Ramstein: Altlasten
OpenStreetMap: https://www.openstreetbrowser.org/#map=14/49.4398/7.6019&categories=military Koordinaten für Google Maps / Earth: 49.44, 7.60 (Strg-C) Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ramstein_Air_Base siehe auch: Objektdatenblätter PFAS – Allgemeine Hinweise |
Inhalt
Chronologie
siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Ramstein_Air_Base#Geschichte
1985
Erste Schadstoffmessungen auf der Air Base
1988
Forderungen des damaligen Landesamtes für Wasserwirtschaft in RLP aufgrund der damals bekannten Verunreinigungen:
- Erstellung einer umfassenden Grundwasserstudie für die gesamte Liegenschaft
- Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes
- Durchführung von Sanierungen
- Erarbeitung eines Grundwasser-Überwachungskonzeptes
1994
Das damalige Landesamt für Wasserwirtschaft RLP vermerkt, dass nach US-Angaben 182 Verdachtsflächen für Schadstoffbelastungen bestehen, was vom Landesamt als plausibel bewertet wird. Im einzelnen sind 25 ha mit Kohlenwasserstoffen und 50 ha mit Öl kontaminiert. „Aufgrund starker Grundwasserentnahme auf der Liegenschaft dringt nach bisherigem Kenntnisstand keine Grundwasser über die Grenzen der Liegenschaft hinaus in den Bereich angrenzender Wasserschutzgebiete.“ Zur Beobachtung des Grundwassers im Bereich der Liegenschaft stehen nach US-Angaben bisher 78 Entnahmemöglichkeiten (Brunnen, Messstellen) zur Verfügung.
2007
- Die Trinkwasserversorgung von US-Liegenschaften in Kaiserslautern wird von den Stadtwerken übernommen, nachdem dort mehrere Trinkwasserbrunnen wegen hoher Schadstoffbelastung geschlossen werden mussten.
- Beginn eines jährlichen Monitoring an sieben Stellen: Einlauf der Oberflächengewässer in die Air Base, Auslauf aus der Air Base (2 x) und verschiedene Punkte zentral., Hierbei werden Wasser- und Sedimentproben untersucht.
2000 – 2010
- Von 2002 bis 2005 erfolgt ein umfangreicher Ausbau der Air Base durch die Verlegung der Rhein-Main Air Base von Frankfurt nach Ramstein (und parallel dazu nach Spangdahlem).
- Von der Fa. Arcadis wird 2007 nach einer Beauftragung im Jahr 2005 ein Grundwassermodell als Studie vorgelegt. Dieses Modell stützt sich auf 97 einzelne Unterlagen aus dem Zeitraum von 1992 bis 2004 von unterschiedlichen Fachbüros. Die Studie basiert auf ca. 70 Pumpversuchen durch ein Umweltbüro und ca. 40 weiteren Pumpversuchen durch Fa. Arcadis speziell für diese Studie.
- 2008 erfolgt eine Erweiterung des Strömungsmodells durch ein Schadstoff-Transportmodell für Benzol und TCE als Leitparamter.
- Das Umweltlabor Westpfalz ermittelt 2004 im Auftrag der LBB (Landesbetrieb Bauwesen RLP) in einer Studie stark überhöhte Werte von Glyphosat und dessen Abbauprodukt AMPA.
- Eine Studie im Auftrag der LBB durch das Ingenieurbüro P+R ermittelt den Grundwasserverlauf. P+R legt 2014 eine weitere Studie zur Grundwassersituation vor.
2011 ff.
Aktualisierungen des Grundwassermodells im Auftrag der USAF Civil Engineering Center:
- 2014 – 2015 mit Prognoseberechnungen Benzol und TCE bis 2044
- 2016 – 1017 Fa. Arcadis im Auftrag Air Force mit Prognoseberechnungen 2016 bis 2046
- 2016: Beginn eines eigenen Projektes bei der SGD Süd zur Erfassung der PFAS-Belastungen auf der Air Base
- 2018 – 2019: Aktualisierung Schadstofftransportmodell Benzol und TCE
- 2015 – 2018: Abstimmungen mit der SGD Süd zur Erneuerung der Wasserrechtlichen Genehmigung für Brunnenanlagen auf der Air Base.
Wasserrechtliche Genehmigung Brunnenanlagen
Die Trinkwasserversorgung erfolgt über 17 Brunnen und 7 Wasserwerken direkt auf der Air Base. Darüber hinaus sind mehrere Brunnen für die Kühlwasserversorgung vorhanden.
Eine frühere Genehmigung zur Grundwasserentnahme aus dem Jahr 1996 wurde 2018 erneuert.
Bild: Google Earth mit Geo-Koordinaten Brunnen (KP)
Auszüge aus dem dafür vorgelegten Fachgutachten (igr/Arcadis 2017):
Einige der Trinkwasserbrunnen liegen im Abstrombereich von Schadstoffahnen bzw. die Trinkwasserbrunnen ziehen die Schadstofffahnen an. Insbesondere die Brunnen 6 bis 10, sowie Brunnen 11 und 12 liegen im Abstrombereich bekannter LHKW-Kontaminationen.
Der jahrzehntelange Brunnenbetrieb zur Trinkwasserversorgung hat die Grundwasserhydraulik und damit auch die Lage und Ausbreitung der Schadstofffahnen beeinflusst, ein Teil der Schadstoffe wird über die Brunnen ausgetragen. Somit würde eine Änderung des Brunnenregimes zu einer Beeinflussung der Schadstoffausbreitung auf der RAB führen. […]
Im Bereich der RAB gibt es mehrere Oberflächengewässer. Im Bereich der Start- und Landebahnen verlaufen der Hundsbach und der Floßbach (Fließrichtung von Osten nach Westen), deren Verlauf bereichsweise (im Bereich Start- und Landebahn) künstlich verändert wurde. Die beiden Oberflächengewässer Hundsbach und der Floßbach vereinigen sich innerhalb der RAB und fließen zusammen mit dem aus südlicher Richtung kommenden Krebsbach in den Mohrbach.
Bei Grundwasserstandmessungen konnte festgestellt werden, dass die Oberflächengewässer auf der RAB und im Modellgebiet das Grundwasser drainieren, d.h. dass ein Austrag des Grundwassers über die Oberflächengewässer stattfindet. […]
Laut Angaben der Air Base liegt die Anzahl der täglichen Nutzer bei rund 22 000 Personen. Allerdings leben nicht alle diese Personen auf der Air Base, sondern verbringen teilweise nur den Arbeitstag dort. […]
Grundsätzlich kann in Europa von einer Zentralisierung in Richtung Air Base Ramstein und somit einem eher steigenden Wasserbedarf ausgegangen werden. Daher wird die Erhöhung der täglichen Entnahmemenge von 5 000m3/Tag auf 6 000 m3/Tag als sinnvoll erachtet. Gleichzeitig soll der bisherige Jahreswert von 1 825 000 m³/Jahr beibehalten werden.[…]
Status
Schadstoffeinträge
Schadstoffe treten aus Bodenverunreinigungen ins Grundwasser ein und fließen mit diesem weiter, wobei unter den Schadstellen kontaminierte Wasserfahnen entstehen. Die Ausbreitung dieser Wasserfahnen wird mit Messungen beobachtet und mit dem Modell vorhergesagt.
Der Schadstoffeintrag wurde zuletzt wie folgt modelliert:
– Benzol 19,57 kg/Jahr
– TCE 28,8 kg/Jahr
Ein Teil der Schadstoffe wird vom Gestein absorbiert. Beim Benzol nur etwa 18 kg insgesamt, TCE ca. 250 kg. Bei sinkender Benzol- und TCE-Konzentration wird dies auch wieder desorbiert. Es entsteht hierdurch ein sehr langer „Schwanz“ an Kontamination, der erst nach vielen Wasserdurchläufen zu beseitigen wäre, was aber praktisch unmöglich ist.
Schadstoffausträge
durch die Trinkwasserbrunnen auf der Air Base durch Aktivkohlefilterung:
– Benzol < 0,08 kg/Jahr
– TCE 0,8 kg/Jahr
durch die Oberflächengewässer, die in den Mohrbach zusammen laufen:
– Benzol 0,31 kg/Jahr
– TCE 4,1 kg/Jahr
PFAS-Belastung
Extrem hohe PFAS-Belastungen wurden im südlichen Tanklage (Site #602) mit 263 µg/l PFAS gemessen wurden.
Grafik aus Geoportal Wasser der LfU RLP
PFAS wird sich hier langfristig als Grundwasserbelastung bemerkbar machen, wobei nicht nur die Versickerung aus den oberen Bodenschichten, sondern auch Kurzschlüsse zwischen den verschiedenen Grundwasserschichten relevant sind. In der Vergangenheit sind gerade in Ramstein in extrem hohen Maße Einträge durch PFOS und PFOA durch Feuerlöschübungen erfolgt. Diese spielen auch heute noch am Standort eine große Rolle spielen, wobei 2010 ein neuer Feuerlöschübungsplatz eingerichtet wurde.
Das von der SGD-Süd veranlasste Monitoring der Grundwasserbelastung durch das US-Militär beinhaltet deshalb im 2-Jahres-Turnus einen Bericht mit einer 30-Jahre-Prognose. Es wird deshalb davon ausgegangen, dass bei der derzeitigen Verfahrensweise mit Pump-and-Treat an der Peripherie der Grundwasserschichten die Probleme mit der Zeit noch schlimmer werden. (9.9.2021 / KP)
Schadensvorfälle
Übersicht
Schadensfälle erstrecken sich auf:
- LHKW-Schäden aufgrund bekannter Emissionsquellen (Gebäude-Standorte)
- Schäden bei Tanklagern, Kraftstoff-Tankstellen und im Umgang mit Kraftstoffen
- Müllentsorgung
- Gebäudebezogene Schadensfälle, vor allem bei Shelter und Hangar
- Wasser- und Brandschäden
- Auffälligkeiten im Erdreich
- Abscheider für Mineralöle
- Hydraulikölschäden am Golfplatz
- Altlastenentsorgung bei Rückbauten von Gebäuden, Tankanlagen und Schutzbunker
- Freisetzung von Löschschaum
- Lagerung von Pestiziden
Zitat: „Die erhöhten Werte LHKW bzw. Benzol sind auf bekannte Grundwasserschadensfälle zurückzuführen, welche seit Jahren intensiv untersucht und teilweise saniert wurden.“ (igr/Arcadis 2017)
Beispiel
bei SGD Süd als Vorgang 269 dokumentiert:
Freisetzung Löschschaum in Geb. 2512 (Hangar) am 18.9.2013:
[…] wurde das automatische Löschsystem ausgelöst. Grund hierfür war mit größter Wahrscheinlichkeit das [unsachgemäße] Öffnen eines Hydranten-Ventils neben dem Hangar. […] Das führte dazu, dass 900 Liter Löschschaumkonzentrat (Marke Sthamex F-15) in 3%-Lösung […] in die Drainagegräben gelangt sind.
Dazu heißt es in einer Stellungnahmen der US Air Force an die SGD Süd:
„Eine größere langfristige Auswirkung auf die Biozönose des Mohrbach ist durch den Vorfall nicht zu erwarten, da zu dieser Zeit durch den vorhergehenden ausdauernden Regen der Mohrbach einen hohen Wasserstand hatte und samit das (auf 3% verdünnte) Löschwasser stark verdünnt wurde. Eine weitere Verdünnung fand dann am Zusammenfluss von Hembach/Mohrbach statt. Das Schaummittel an sich ist in verdünnter Form nicht gewässertoxisch, durch den biologischen Abbau wird allerdings Sauerstoff entzogen, was bei stehenden Gewässern bei warmen Temperaturen und hoher Konzentration zu einem Sauerstoffmangel und damit zum Absterben diverser Tiere führen kann. All diese Bedingungen sehe ich in diesem Fall nicht gegeben.“
[…] Da das Konzentrat kein PFOS enthält (Mittel wurde 2010 ausgetauscht) sind außer möglichen Schaumbildungen keine negativen Umweltauswirkungen zu erwarten.
[…] PFOS liegt bei 11 Microgramm/l und damit in der Größenordnung 1000 x über der gemessenen Konzentration an den anderen Messpunkten. Trotz dieses erhöhten Wertes ist nicht davon auszugehen, dass dies durch die Freisetzung des Löschschaums bewirkt worden ist. In vorhergegangenen Beprobungen in diesem Gebiet … wurde ein Messwert mit der gleichen Magnitude festgestellt …. Dieses hängt damit zusammen, dass die Feuerwehr im Südwesten der Airbase früher Löschübungen durchgeführt hat. Der am Hangar gemessene Wert ist also nicht größer als die „Hintergrundbelastung“. Wäre in dem Löschschaum PFOS oder andere PFTs enthalten gewesen, so hätte der Messwert mindestens im Milligramm/l-Bereich liegen müssen. Die anderen Komponenten des verwendeten Schaumkonzentrat sind leicht biologisch abbaubar […]
Hinweise zu vorliegenden Unterlagen
Die an dieser Stelle aufgeführten Dokumente bzw. daraus entnommenen Inhalte wurden im Rahmen einer Anfrage an die SGD Süd zur Air Base Ramstein auf Basis des Landestransparenzgesetzes eingesehen. Schwerpunkt der Anfrage waren dabei Schadstoffbelastungen im Boden und dem Grundwasser. Vorgelegt wurde von der SGD Süd dazu eine umfangreiche tabellarische Zusammenstellung mit 455 Einzelpositionen. Darin enthalten waren 362 Einzelpositionen mit Schadensfälle, die seit 1945 dokumentiert sind. Aufgrund der Systematik beinhalteten einzelne Vorgänge sowohl einfache Heftmappen als auch umfangreiche Ordner-Zusammenstellungen. Eingesehen wurde daraus in Absprache mit der SGD Süd eine Auswahl. (KP)
Frühere Berichte
„Drinking Water Report“
In den jährlichen „Drinking Water Quality Report“ des US-Militärs am Standort wird auf eine hervorragende Wasserqualität auf der Air Base verwiesen. Bezüglich PFOA und PFOS wird in der Ausgabe für 2016 – nicht jedoch bei den neueren Reports, in einer Fußnote vermerkt, dass diese Stoffe „in everyday life“ vorkommen. Erst im Nachsatz heißt es dort: „PFOS/PFOA were also present in Aircraft Fire Fighting Foam used extensively by the AF.“ Die Werte auf der Air Base Ramstein seien aber deutlich unter den EPA-Richtwerten. Die Kommentierung von PFOS/PFOA im Jahr 2016 kann man aufgrund der seinerzeit in den USA angefachten Debatte zur Untersuchungen von PFAS-Kontaminierungen nachvollziehen.
Ramstein: PFAS in Kläranlage
Werden künftig alle belasteten Abwässer der US-Streitkräfte inder Region Kaiserslautern in der Kläranlage der Stadt landen?
von Wolfgang Jung – Luftpost (4.3.2019)
Anmerkung KP: Die Hauptproblematik besteht darin, dass die im kontaminierten Abwasser der Air Base enthaltenen PFAS in der Kläranlage praktisch nicht abgebaut, sondern weiter verbreitet werden.
Bewertung
Durch die Brunnen auf der Air Base wird zwar entnommenes Grundwasser gereinigt, tatsächlich wird aber dessen Kontamination in den wasserführenden Bodenschichten mit der Zeit größer. Zurück zu führen ist dieses darauf, dass zunächst konzentriert vorliegende Schadstoffe im Laufe der Jahrzehnte verdünnt und ein immer größer werdender Grundwasserkörper damit belastet wird. Es ist deshalb eine Frage von Jahrzehnten, bis die Schadstoffbelastung an den Austragsstellen (Brunnen und Mohrbach) mit gesundheitlich signifikanter Konzentration angekommen ist. Dann wird es aber wegen des sehr großen Grundwasservolumens nur sehr schwer in den Griff zu bekommen sein. Als Gegenmaßnahmen könnte man eine Wasserentnahme mit anschließender Reinigung durch Aktivkohle direkt in den Schadstofffahnen vornehmen, um hier lokale Drucktrichter zu erzeugen. Damit würde die Fließrichtung lokal in Richtung auf den Verschmutzungsherd gerichtet und der weiteren Kumulation der Schadstoffe in einem immer größeren Grundwasservolumen entgegengewirkt werden. Aufgrund der klüftigen Gesteinslagen würde dieses aber auch nur begrenzt wirken.(JM)
Anhang 1: Hinweise zur Geologie
(aus den vorliegenden Fachgutachten)
Morphologisch lässt sich das Gebiet zweiteilen. Der südliche flache Bereich gehört zum Landstuhler Bruch, der nördliche hügelige Bereich gehört bereits zum Nordpfälzer Bergland.
Die Basis des Kluftgrundwassers bilden Rotliegend-Tonsteine in ca. 230 m unter Geländeoberkante.
Die natürliche Grundwasserfließrichtung ist Südwest. Durch die jährliche Entnahme von 1,7 Mio m3 in einer Brunnengalerie bilden sich starke Absenktrichter.
Insgesamt acht Grundwasser-Stockwerke sind nachgewiesen.
Messungen der vertikalen Strömung in offenen Bohrungen haben gezeigt, dass bis zu 30 m³ Grundwasser pro Tag aus den oberen Stockwerken in tiefer liegende verfrachtet werden können. Durch solche Kurzschluss-Strömungen können z.B. Schadstoffe aus oberen Grundwasserstockwerken in tiefere noch unbelastete Stockwerke verlagert werden.
aus einem Gutachten von igr (20212) zur Gefährdungsabschätzung / Umwelterkundung
Anhang 2: Darstellung im Geoportal der LfU
Quellen: https://wasserportal.rlp-umwelt.de/servlet/is/2025/ und https://gda-wasser.rlp-umwelt.de
Über das Geoportal sind u.a. Immissionsmessstellen abrufbar. Vorhandene Werte können tabellarisch und grafisch dargestellt werden.
Anhang 3: Verwendete Kürzel
- EPA: Environmental Protection Agency (US-Gesundheitsbehörde)
- LHKW: Leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe
- SGD Süd: Struktur- und Gebietsdirektion für sudlichen Teil von Rheinland-Pfalz (hier: Obere Wasserbehörde)
- TCE: Trichlorethen (höher chlorierte Kohlenwasserstoffe)