Hype um Wasserstoff / Neokoloniale Politik
Hype um den Wasserstoff
Die neue Regierung sollte auf Wasserstoff-Importe aus Ländern des Globalen Südens verzichten.
von Dagmar Pruin – Präsidentin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe.
Gastbeitrag in der FR (Rubrik „Gastwirtschaft“) vom 23.11.2021
https://www.fr.de/wirtschaft/gastwirtschaft/hype-um-den-wasserstoff-91133768.html
Auszug:
Seitdem politisch anerkannt ist, dass wir in Deutschland nur noch rund zwei Jahrzehnte Zeit haben, um unsere Treibhausgasemissionen gen Null zu senken, hat das Thema Wasserstoff einen regelrechten Hype erfahren. Auch wenn Wasserstoff für Autos oder private Heizungen keine Rolle spielen wird – er wird benötigt, um Emissionen in Sektoren zu beenden, die nicht direkt elektrifiziert werden können, etwa in der chemischen Industrie, der Stahlindustrie oder auch dem Schiffs- und Flugverkehr. […]
Dazu ein Kommentar von Karl-Heinz Peil, veröffentlicht als Leserbrief in der FR vom 30.11.2021:
Neokoloniale Politik
Zu: „Hype um den Wasserstoff“, FR-Wirtschaft vom 24. November
Im Gastbeitrag spricht die Präsidentin von Brot für die Welt einen ethischen Aspekt zum Wasserstoff-Hype an, der bisher kaum thematisiert wurde, nämlich dass wir „unseren Wohlstand“ mit neokolonialer Industriepolitik gegenüber den Ländern des globalen Südens verteidigen. Ihre zentrale Aussage lautet: „Wir müssen aus eigener Kraft die Energiewende in Deutschland schaffen“, wozu „eine deutliche Reduzierung des Energieverbrauchs“ gehöre.
Leider wird mit dem neuen Koalitionsvertrag ein „Weiter so“ propagiert. Wasserstoff kann aber künftig nur dort eine Rolle spielen, wo andere Energieträger definitiv ausscheiden. Irrsinnig wären hingegen Produktionsmengen, durch die künftig Christian Lindner seinen Porsche mit daraus gewonnenen „klimaneutralen“ synthetischen Kraftstoff betanken kann. Der Koalitionsvertrag postuliert einen „Kampf gegen Hunger und Armut, Klimagerechtigkeit, Biodiversität und für eine sozial-ökologische Wende“. Die hingegen exzessiv im Vertrag aufgeführte Wasserstoffwirtschaft lässt befürchten, dass nichts von dem ernsthaft angegangen werden soll. Das versteht man wohl unter der damit definierten „werteorientierten Entwicklungspolitik“.
siehe auch: Deutscher Energie-Imperialismus und der Klimaschutz