von Karl-Heinz Peil  

PFAS-Belastungen werden in der jüngsten Zeit medial breit thematisiert. Die militärisch verursachten Belastungen finden dabei leider praktisch keine Erwähnung. Eigene Beprobungen an militärischen Hot-Spots belegen jedoch die vor allem seitens der US-Militärs in Deutschland duch den exzessiven Gebrauch von Feuerlöschschäumen mit PFOS und PFOA verursachten Einträge in Grundwasserkörper und Oberflächengewässer.

Beispielhaft für die mediale Aufmerksamkeit ist eine Sendung des ARD-Magazins Panorama vom 16.1.25 zu nennen: Vergiftet – Die Macht der Chemielobby

Ausführlich behandelt wird diese Thematik auch in einem Beitrag des Deutschen Naturschutzrings vom 16.1.25: Lobbyschlacht um PFAS: Profit vor Gesundheit und Umweltschutz

Bezüglich der militärisch verursachten PFAS-Belastungen wird auf die umfangreichen Darstellungen des Verfassers verwiesen:

• Broschüre: PFAS – Zeitbombe im Untergrund
• Dossier (Übersicht): Schadstoffbelastung militärischer Standorte durch PFAS
• Objektdatenblätter zu einzelnen Standorten (Übersicht)

Empfehlungen des Umweltbundesamtes und Trinkwasserverordnung

Als normative Vorgabe in Deutschland gilt aktuell die Empfehlung des Umweltbundesamtes mit Stand vom 16.5.2024, die nach Anhörung der Trinkwasserkommission erfolgt ist: PFAS im Trinkwasser – Sachstand und Aspekte der Bewertung

Das UBA hatte bereits 2017 für 13 PFAS entsprechend der damaligen Datenlage Trinkwasserleitwerte (LWTW) oder gesundheitliche Orientierungswerte (GOW) abgeleitet. Letzteres galt bei unvollständiger toxikologischer Datenlage.

PFAS sind mittlerweile als Stoffgruppe ein neuer Parameter der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) und stellen damit neue Anforderungen an die Betreiber von Wasserversorgungsanlagen.

Am 24. Juni 2023 ist die TrinkwV in Kraft getreten, die erstmalig Grenzwerte für Stoffe aus der Gruppe der PFAS als Parameter enthält.

Annähernd zeitgleich zur TW-RL hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse für einen Teil der PFAS-Stoffgruppe einen Beurteilungswert in Form einer „tolerablen wöchentlichen Gesamtaufnahme“ (TWI) in Höhe von 4,4 ng/kg Körpergewicht ermittelt und in ihrem Gutachten vom
17. September 2020 veröffentlicht. Die EFSA bewertete die Summe von vier PFAS: Perfluoroctansäure (PFOA), Perfluornonansäure (PFNA), Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), die nach den bis dahin vorliegenden Daten zusammen ca. 90 % der Gesamt-Körperlast des Menschen ausmachen. Die EFSA sieht neben Lebensmitteln wie Fisch, Obst, Eiern und Eiprodukten auch Trinkwasser als eine mögliche Expositionsquelle für PFAS an.

Demgemäß wird davon ausgegangen, dass über Trinkwasser nur 10% der Gesundheitsbelastungen erfolgen und vielmehr Lebensmittel die Haupt-Aufnahmequelle darstellen.
Definierte Grenzwerte sind für Trinkwasser:

• PFAS-4: 20 ng/l ( 0,000 020 mg/l gemäß TrinkwV)
• PFAS-20: 100 ng/l ( 0,000 10 mg/l gemäß TrinkwV)

Die o. g. Grenzwerte gelten nicht unmittelbar mit Inkrafttreten der TrinkwV, sondern werden mit Übergangsfristen eingeführt: Der Grenzwert für Summe PFAS-20 ist ab dem 12. Januar 2026 einzuhalten, der Grenzwert für Summe PFAS-4 ab dem 12. Januar 2028.

Analytische Methoden zur PFAS-Bestimmung sind nach wie vor aufwändig. Die seit Sommer 2024 vorhandene Norm DIN EN 17892 (deutsche und EU-Norm) sieht eine flüssigkeitschromatische Methode mit Tandem-Massenspektrometrie vor. Die Messunsicherheit liegt dabei bei ca. 1 ng/Liter.

Das Cyclopure Test Kit und PFAS-Grenzwerte in den USA

Das Unternehmen Cyclopure stellt ein preisgünstiges Testkit bereit (79 US-Dollar – Umweltorganisationen erhalten auf diesen Preis einen Rabatt). Dieses erfasst bei einer Beprobung insgesamt 65 PFAS-Einzelstoffe. Das Prinzip der Wasser Test Kits (WTK) besteht darin, dass in einem Kunststoffbecher ein Filtermaterial als Scheibe fixiert ist, die mit absorbierenden Materialien für PFAS-Einzelstoffe (DEXSORB® Disc) bestückt ist. Entwickelt wurde dieses System in den USA mit finanzieller Finanzierung des National Institute of Environmental Health Sciences (NIEHS).
Mit diesem System wird ein Versand von Wasserproben zur Laboranalyse überflüssig. Cyclopure erstellt innerhalb von 10 Werktagen die Auswertung.
Die Ergebnisdaten werden in „part per trillion“ (ppt) dargestellt. 1 ppt entspricht 1 ng/L. Auch hier wird die Messunsicherheit mit 1 ng/Liter angegeben.
Die zugrunde gelegten Grenzwerte der Environmental Protection Acency (EPA) werden von Cyclopure wie folgt zusammen gefasst:

EPA PFAS Maximum Contaminant Levels (MCLs)
EPA has finalized enforceable Maximum Contaminant Limits (MCLs) for PFOA (4.0 ppt), PFOS (4.0 ppt), PFHxS (10.0 ppt), PFNA (10.0 ppt), and GenX (10.0 ppt). For mixtures containing two or more of PFHxS, PFNA, GenX, and PFBS, EPA has set a Hazard Index MCL at 1.
EPA PFAS Maximum Contaminant Level Goals (MCLGs)
The EPA has established non-enforceable health based MCLGs for PFOA (zero ppt), PFOS (zero ppt), PFHxS (10.0 ppt), PFNA (10.0 ppt), and GenX (10.0 ppt) as individual contaminants. MCLGs are the maximum levels of contaminants in drinking water where there are no known or anticipated negative health effects allowing for a margin of safety.

Entsprechende Grenzwertüberschreitungen werden in den Messprotokollen von Cyclopure gelb markiert.

Filtereinsatz in Testbecher nach Durchlauf Wasserprobe

Set für Wasserprobe: Testbecher wird in gewichtsbelastetem  Gefäß von Brücke in Flußlauf eingeführt.

PFAS-Belastungen in Deutschland im Überblick

Grafik: UBA (a.o.a.O.): Summe der Belastungen mit PFAS-20 gemäß TrinkwV in deutschen Trinkwässern.

Auswertungen zu aktuell beprobten militärischen Standorten

Ende Juli 2024 erfolgte eine Beprobung durch Pat Elder aus den USA an sechs Standorten in Hessen und Rheinland-Pfalz. Sein eigener Bericht dazu findet sich bei www.militarypoisons.org: NATO military bases in Germany poison rivers and fish with PFAS

Übersicht

Bei den Beprobungen wurden insgesamt 20 PFAS-Einzelstoffe gemäß der Laborauswertung gefunden.

Latitude / Longitude: Koordinaten, mit denen der Ort der Beprobung z.B. in Google Maps oder Google Earth, identifiziert werden kann.
*) Link zu PFAS-Dossier

Wiesbaden-Erbenheim: Käsbach

PFAS-4: 960,1 ng/L (TrinkwV: 20 ng/l)
PFAS gesamt: 1195,2 ng/l (TrinkwV: 100 ng/l)

Siehe umfassendes PFAS-Dossier zum Standort: https://umwelt-militaer.org/wiesbaden-erbenheim/

Anmerkung zum Mess-Kit #9639: Dieses Mess-Kit war bei Auslieferung beschädigt, indem sich der Dichtring für den Absorptionsfilter von der Behälterwand gelöst hatte. Der Gesamtwert liegt deshalb um 20% unter der zweiten Messung mit Kit #9640, was plausibel ist. Dem entsprechend sind auch die Einzelwerte ähnlich entsprechend niedriger, mit Ausnahme des leicht höheren Wertes für PFOA.

Bewertung: Die Belastung durch PFAS-4 im Käsbach ist extrem hoch, stößt aber auf minimales öffentliches Interesse. Denn der Abfluss erfolgt in den Main und kurz dahinter in den Rhein. Die PFAS-Werte tragen damit zur „Hintergrundbelastung“ des Rhein bei, der vor allem für Wasserwerke in den Niederlanden ein Problem ist, die dort Wasser zur Trinkwassergewinnung entnehmen.

Frankfurt a.M. Flughafen – frühere US Air Base: Gundbach | Hengstbach

PFAS-4: 7,7 | 10,4 ng/l (TrinkwV: 20 ng/l)
PFAS gesamt: 28,7 | 23,5 ng/l (TrinkwV: 100 ng/l)

Siehe umfassendes Dossier zum Standort: https://umwelt-militaer.org/flughafen-frankfurt-pfas/

Bewertung: Die Werte von PFOS und PFOA bzw. PFAS-4 sind sehr niedrig. Hintergrund dafür ist das Abräumen von fast 500.000 m³ belasteter Erde von der Baustelle des Flughafen-Terminals 3.

Ramstein Air Base: Mohrbach

Siehe umfassendes PFAS-Dossier zum Standort: https://umwelt-militaer.org/us-air-base-ramstein-altlasten/

PFAS-4: 291 ng/l (TrinkwV: 20 ng/l)
PFAS gesamt: 414 ng/l (TrinkwV: 100 ng/l)

Bewertung: Der Mohrbach ist das einzige Oberflächengewässer, welches den wannenförmig ausgebildeten Untergrund verlässt. Die  Trinkwasseraufbereitung mit Aktivkohlefiltern auf der Air Base verhindert nicht diesen Schadstoffabfluss.

Auszug aus dem Messprotokoll von Cyclopure:

Spangdahlem Air Base und Binsfeld: Wachenbach | Auelbach

PFAS-4: 361,1 | 46,7 ng/l (TrinkwV: 20 ng/l)
PFAS gesamt: 435,8 | 71  ng/l (TrinkwV: 100 ng/l)

Siehe umfassendes PFAS-Dossier zum Standort: https://umwelt-militaer.org/spangdahlem-pfas/

Bewertung: Aufgrund der Höhenlage der Air Base gibt es je nach Standort von Schadstoffeinträgen in den Boden sehr unterschiedliche Abflüsse in Oberflächengewässer. Demgemäß können sich Messergebnisse je nach Oberflächengewässer (und deren Zusammenfluss) sehr stark unterscheiden.

Auszug aus dem Messprotokoll von Cyclopure:

Bitburg Konversionsflächen: Vorfluter | Rückhaltebecken

PFAS-4: 305,7 | 83,7 ng/l (TrinkwV: 20 ng/l)
PFAS gesamt: 406,9 | 105,3  ng/l (TrinkwV: 100 ng/l)

Siehe umfassendes PFAS-Dossier zum Standort: https://umwelt-militaer.org/konversionsflaeche-flugplatz-bitburg/

Bewertung: Je nach Abfluss ergeben sich sehr unterschiedliche, aber durchweg hohe Belastungen.

Auszug aus dem Messprotokoll von Cyclopure:

Büchel Fliegerhorst

Auszug aus dem Messprotokoll von Cyclopure: