SGR-Bericht: Aktuelle Studien über militärisch verursachte Treibhausgase
Dr. Stuart Parkinson hat im September 2025 auf der Homepage der Scientists for Global Responsiblity (SGR) einen neuen Bericht veröffentlicht unter dem Titel: „Military spending rises and greenhouse gas emissions – What does the research say?“ Diesen hat er uns dankenswerter Weise zur Bearbeitung für eine deutsche Fassung zur Verfügung gestellt. Dazu zunächst einige Hinweise zur Vorgeschichte:
Am 10.11.2022 wurde von ihm als Executive Director der SGR zusammen mit Linsey Cottrell (CEOBS) anlässlich der damals anstehenden COP27 ein Arbeitspapier zur Abschätzung der globalen Emissionen des Militärs vorgestellt. Darin erfolgte ein Abgleich von mehreren Datengruppen als Parameter, basierend auf der für alle Hauptländer verfügbaren Kopfzahl des aktiven Militärs, den „stationären“ Emissionen pro Kopf und deren Relation zu „mobilen“ Emissionen. Mit großen Unsicherheiten behaftet, aber notwendig, wurde ein Multiplikator für militärische und zivile Lieferketten abgeschätzt.
Weiteres dazu in der deutschen Fassung: https://umwelt-militaer.org/sgr-emissionen-global/
Die hierbei zugrunde liegende Methodik ist natürlich diskussionswürdig und nur als theoretische Annäherung an die gesamthaft – direkt und indirekt – militärisch verursachten Treibhausgase (THG) zu sehen. Als Arbeitsergebnis folgte daraus eine Bandbreite der militärisch verursachten Treibhausgase am Gesamtaufkommen von 4 bis 7% bzw. ein sich daraus ergebender (ungenauer!) Mittelwert von 5,5%.
Es ist deshalb naheliegend, jüngere Studien von anderer Seite heranzuziehen, die sich in ähnlicher Weise mit dieser Thematik zu befassen. Diese Arbeit ist mit dem jetzt vorliegenden Bericht von Stuart Parkinson erfolgt. Untersucht wurden insgesamt 11 Studien, die in den beiden letzten Jahren veröffentlicht wurden. Der Fokus liegt hierbei auf die Dynamik der jüngsten globalen Aufrüstungswelle der NATO-Staaten mit dem selbst definierten Ziel von Militärausgaben von 5% des BIP. Da diese (anvisierte) Aufrüstung parallel zu den nach wie vor bestehenden Zielen einer „Klimaneutralität“ erfolgt, stellt sich zwangsläufig die Frage, wie dieses miteinander in Einklang zu bringen ist bzw. inwieweit dieses in direktem Widerspruch dazu steht.
Die Studien werden in dem nachfolgenden Bericht verglichen, wobei Plausibilität und Lücken der vorliegenden bzw. zitierten Daten diskutiert werden. Der Bericht selbst ist natürlich keine leichte Lektüre, aber dennoch notwendig und sehr hilfreich, um die nach wie vor völlig unterbelichtete Rolle von Aufrüstung, Militär und Kriegsführung als Haupttreiber für CO2-Emissionen aufzuzeigen. Eine darauf bezogene, komprimierte Darstellung des Autors Stuart Parkinson in deutscher Übersetzung findet sich hier: https://umwelt-militaer.org/militaerausgaben-und-thg-entwicklung/
Für einen leichten Einstieg und zum Verständnis der Kategorien Scope 1, 2 und 3/3+ siehe auch: https://umwelt-militaer.org/ceobs-co2-konferenz-2023/ sowie https://umwelt-militaer.org/bws-5/#51_Treibhausgase
Nachfolgend nun die deutsche Fassung (Karl-Heinz Peil – redigiert und redaktionell angepasst auf Basis von Übersetzung mit deepl.com).
Steigende Militärausgaben und Treibhausgase aus wissenschaftlicher Sicht
von Stuart Parkinson, Scientists for Global Responsibility (SGR), September 2025
Inhalt
- Zusammenfassung
- 1. Einleitung
- 2. Der Zusammenhang von Militärausgaben und THG-Emissionen im Überblick
- 3. Was besagen die vorliegenden Studien?
- 4. Inwieweit gibt es übereinstimmende Ergebnisse?
- 5. Welche Daten sind lückenhaft?
- 6. Wichtigste Ergebnisse und Schlussfolgerungen
- 7. Vorschläge
- Liste der Abkürzungen
- Fußnoten
Zusammenfassung
Angesichts der weltweit rapide steigenden Militärausgaben bewertet dieser Bericht die Ergebnisse von elf Studien, in denen versucht wurde, die Auswirkungen solcher Ausgabensteigerungen auf die Treibhausgasemissionen abzuschätzen.
Diese Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass eine standardisierte Ausgabensteigerung um 100 Mrd. US-Dollar zu einer Erhöhung des militärischen CO2-Fußabdrucks um etwa 32 Mio. t CO2e führen wird. Diese Zahl ist jedoch sehr unsicher.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass der Anstieg der Militärausgaben der NATO in den fünf Jahren von 2019 bis 2024 zu einer Zunahme ihres militärischen CO2-Fußabdrucks um etwa 64 Mio. t CO2e geführt hat – ähnlich den territorialen Emissionen von Bahrain – und dass weitere geplante Erhöhungen wahrscheinlich zu einem zusätzlichen Anstieg von etwa 132 Mio. t CO2e führen werden – ähnlich den territorialen Emissionen von Chile. Auch hier ist die Unsicherheit dieser Zahlen hoch.
Es ist zu beachten, dass es sich hierbei um Gesamtwerte für ein einzelnes Jahr handelt. Wenn die Ausgaben also wie derzeit geplant auf einem höheren Niveau gehalten werden, wird dies erhebliche kumulative Auswirkungen der Emissionen auf das Klimasystem haben. Diese Schätzungen berücksichtigen auch nicht die Emissionen, die durch Kriegshandlungen verursacht werden.
Die Beziehung zwischen Militärausgaben und militärischen THG-Emissionen ist äußerst komplex und schwer vorhersehbar. Daher ist es unerlässlich, das Monitoring erheblich zu verbessern. So kann beispielsweise ein Anstieg der Militärausgaben zu einem Anstieg in zahlreichen Emissionskategorien führen: militärischer Kraftstoff- oder Stromverbrauch; Lieferketten innerhalb der Rüstungsindustrie im In- und Ausland; Produktion von Rohstoffen und Komponenten für militärische Güter und Dienstleistungen im In- und Ausland; Erwärmungseffekte in der oberen Atmosphäre durch den Einsatz von Flugzeugen; oder Emissionen aus Kriegshandlungen. Um die Auswirkungen indirekter Emissionen zu erfassen, wird insbesondere der breitere Einsatz von umweltbezogenen Input-Output-Modellen empfohlen.
[Anmerkung KP: Nachfolgend wird für die Emissionskategorien der englische Begriff Scope beibehalten, da mittlerweile auch in der deutschen Fachliteratur gebräuchlich und eindeutig.]
Trotz der Unsicherheiten deuten die bisherigen Forschungsergebnisse darauf hin, dass viel stärkere Anstrengungen unternommen werden müssen, um den CO2-Fußabdruck des Militärs zu verringern. Diese Anstrengungen müssen sowohl technologische als auch politische Maßnahmen umfassen, wobei letztere erneute Anstrengungen in den Bereichen Friedensförderung, Rüstungskontrolle und Abrüstung beinhalten. Die Forschung zeigt auch, dass eine Senkung der Militärausgaben zu einem schnelleren Rückgang der THG-Emissionen führen kann, als sie zuvor gestiegen sind.
Die jüngste Einschätzung führender Klimaforscher ist düster. Sie sagen, dass das Pariser 1,5 °C-Ziel innerhalb weniger Jahre überschritten sein wird, wenn nicht „sofortige, transformative Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen“ ergriffen werden. Es ist äußerst schwierig zu erkennen, wie die aktuellen und geplanten Erhöhungen der Militärausgaben mit den transformativen Maßnahmen vereinbar sind, die zur Verhinderung eines gefährlichen Klimawandels erforderlich sind.
1. Einleitung
Militärische Aktivitäten sind sehr energieintensiv, und da der Großteil dieser Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird, führt dies zu hohen THG-Emissionen. Aber nicht nur die direkten Emissionen von treibstoffhungrigen Kampfflugzeugen, Kriegsschiffen und gepanzerten Fahrzeugen tragen zum Klimawandel bei, sondern auch zahlreiche indirekte Emissionen – aufgrund des Transports von Ausrüstung, riesiger und komplexer Lieferketten, einschließlich der energieintensiven Produktion von Materialien wie Stahl und Aluminium, sowie der Auswirkungen der Kriegsführung selbst. Der globale CO2-Fußabdruck des Militärs – einschließlich der Lieferketten, aber ohne die Auswirkungen der Kriegsführung – wurde für 2019 auf etwa 5,5 % der globalen THG-Emissionen geschätzt.1 Das war größer als der CO2-Fußabdruck von ganz Russland.
Seitdem sind die weltweiten Militärausgaben stark angestiegen und erreichten 2024 mit 2.718 Mrd. US-Dollar den höchsten Stand seit mindestens dem Ende des Kalten Krieges.2
Die jüngsten Steigerungen sind insbesondere auf die Invasion der Ukraine durch Russland im Jahr 2022 und den damit verbundenen Anstieg der Militärausgaben der Mitgliedstaaten der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) sowie auf die Zunahme bewaffneter Konflikte im Allgemeinen, insbesondere im Nahen Osten, zurückzuführen. Da die NATO kürzlich ein neues Ziel für die Militärausgaben in Höhe von 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vereinbart hat – als Teil eines umfassenderen Ziels für die Sicherheitsausgaben in Höhe von 5 % des BIP –, besteht die sehr reale Möglichkeit, dass der globale CO2-Fußabdruck des Militärs rapide ansteigen könnte.
Allerdings sind die Daten zu den THG-Emissionen des Militärs oft von schlechter Qualität oder fehlen ganz.3 Die nationalen Inventarberichte, die gemäß dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) vorgeschrieben sind, weisen zahlreiche Lücken auf, wodurch Daten zu direkten Emissionen des Militärs verschleiert werden können. Die Datenqualität für indirekte Emissionen ist sogar noch schlechter. Einige Streitkräfte in industrialisierten, demokratischen Ländern haben begonnen, unabhängig voneinander Treibhausgasdaten zu veröffentlichen, deren Qualität jedoch unterschiedlich ist.
Aufgrund dieser Datenprobleme sind die aktuellen Schätzungen der regionalen und globalen Emissionen des Militärs mit einer hohen Unsicherheit behaftet, wobei dies für zukünftige Prognosen noch stärker gilt. In den letzten zwei Jahren wurden mehrere Studien veröffentlicht, in denen der potenzielle Anstieg der THG-Emissionen des Militärs aufgrund der aktuellen und zukünftigen Ausgabensteigerungen geschätzt wurde. Der Grad der Übereinstimmung zwischen diesen Schätzungen ist aufgrund unterschiedlicher Methodiken, geografischer Abdeckung, Zeitrahmen und anderer Faktoren oft schwer zu bestimmen. Der Zweck dieses Berichts ist es, diese Studien zu vergleichen und die Bandbreite des Emissionsanstiegs für einen standardisierten Ausgabenanstieg zu schätzen.
Der nachfolgende Bericht ist wie folgt aufgebaut:
In Abschnitt 2 werden die zahlreichen Möglichkeiten erörtert, wie sich die Höhe der Militärausgaben auf die THG-Emissionen des Militärs auswirken kann.
Abschnitt 3 fasst die Ergebnisse von elf Studien zusammen, die in den letzten zwei Jahren veröffentlicht wurden und den Zusammenhang zwischen Militärausgaben und Emissionen untersucht haben.
In Abschnitt 4 werden alle Ergebnisse verglichen und Schätzungen für den Anstieg der THG-Emissionen bei einer standardisierten Erhöhung der Militärausgaben um 100 Mrd. US-Dollar berechnet.
In Abschnitt 5 werden Datenlücken diskutiert, die sich auf diese Zahlen auswirken, und in Abschnitt 6 werden alle diese Analysen zusammengeführt, um eine Spanne für die Veränderung des militärischen CO2-Fußabdrucks bei einer Veränderung der Ausgaben um 100 Mrd. US-Dollar zu schätzen. Dies wird auch verwendet, um die Auswirkungen des neuen Ausgabenziels der NATO von 3,5 % des BIP auf die militärischen Emissionen zu schätzen.
Zur Erleichterung der Diskussion sind nachfolgend die wichtigsten in diesem Bericht verwendeten Begriffe zusammengefasst.
Kasten 1: Übersicht der Kategorien militärisch verursachter Treibhausgase
Die Terminologie zur Beschreibung der THG-Emissionen des Militärs ist recht umfangreich, und zwischen verschiedenen Studien gab es oft Unstimmigkeiten. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Begriffe, die in diesem Bericht verwendet werden, basierend auf den für das THG-Monitoring definierten industriellen Standards4 sowie dem vom Conflict and Environmental Observatory (CEOBS)5 empfohlenen Methoden.
Scope 2-Emissionen. Diese entstehen in der Regel durch den Stromverbrauch einer bestimmten Organisation, wobei der Strom von einem dritten Energieversorger durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt wird. Emissionen aufgrund von Fernwärmenetzen, die sich im Besitz von Versorgungsunternehmen befinden, fallen ebenfalls in diese Kategorie. Kernemissionen. Die Summe der Scope 1- und Scope 2-Emissionen. Diese werden in der Regel von großen Organisationen gemeldet. Scope-3: Lieferkettenemissionen. Diese resultieren aus Aktivitäten in der vor- oder nachgelagerten Lieferkette einer Organisation, beispielsweise bei der Produktion von Waren und Dienstleistungen. Beim Militär entfällt der überwiegende Teil der Scope-3-Emissionen auf die vorgelagerte Lieferkette. Indirekte Emissionen. Die Summe der Scope-2- und Scope-3-Emissionen. CO2-Fußabdruck. Die Summe der Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen einer bestimmten Organisation. Scope 3+: Kriegsauswirkungen. Eine kürzlich definierte Kategorie, die zusätzliche Emissionen aufgrund der Auswirkungen bewaffneter Konflikte umfasst. Zu dieser Kategorie gehören: die Zerstörung von Kohlenstoffspeichern wie Lagerstätten für fossile Brennstoffe oder Wälder, der Transport von Flüchtlingen und der Wiederaufbau nach Konflikten. |
2. Der Zusammenhang von Militärausgaben und THG-Emissionen im Überblick
Veränderungen bei den Militärausgaben können sich in vielerlei Hinsicht auf die THG-Emissionen auswirken. Die wichtigsten sind:
1. Verbrauch fossiler Brennstoffe in militärischen Fahrzeugen, zu Lande, zu Wasser und in der Luft, sowohl für Kampf- als auch für Nicht-Kampfeinsätze;
2. Energieverbrauch in Militärbasen, einschließlich Brennstoffverbrauch für Heizung und Stromverbrauch, unabhängig davon, ob dieser vor Ort oder außerhalb erzeugt wird;
3. Energieverbrauch durch Zulieferer militärischer Ausrüstung und andere Güter herstellen, sowie in deren Lieferketten, insbesondere bei der Herstellung CO2-intensiver Materialien wie Stahl, Aluminium und Seltenerdmetallen;
4. Energieverbrauch durch zivile Dienstleistungsunternehmen für das Militär, wie private Militär- und Sicherheitsunternehmen, Logistikunternehmen, Bauunternehmen und IT-Dienstleister;
5. Andere zivile Bereiche, die von militärischen Aktivitäten betroffen sind, einschließlich solcher, die durch den Einsatz von Waffen beschädigt wurden;
6. Natürliche Ökosysteme, die von militärischen Aktivitäten betroffen sind, einschließlich solcher, die durch den Einsatz von Waffen beschädigt wurden;
7. Veränderungen in der Zivilgesellschaft aufgrund der Verbreitung oder Bindung von Technologien im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten, einschließlich solcher, die auf Forschung und Entwicklung zurückzuführen sind.
In dieser Liste führen die Punkte (1) und (2) zu Scope-1-Emissionen (siehe Kasten 1) und Scope-2-Emissionen aus dem Energieverbrauch (hauptsächlich Strom). Die Aktivitäten (3) und (4) führen zu Scope-3-Emissionen. Die Aktivitäten (5) und (6) fallen in die Kategorie Scope 3+ und werden bei der standardmäßigen Treibhausgasbilanzierung nicht berücksichtigt. Ebenso werden Aktivitäten der Kategorie (7) nicht routinemäßig erfasst, da sie sehr schwer zu messen sind. Angesichts der Tatsache, dass Streitkräfte große und mächtige Organisationen sind, ist es jedoch wichtig, diese weiterreichenden, potenziell erheblichen Auswirkungen nicht zu ignorieren.
Direkte THG-Emissionen aus einer Aktivität sind natürlich am einfachsten zu messen. In unserem Fall kann ein Anstieg der Militärausgaben zu einem Anstieg des militärischen Kraftstoffverbrauchs führen, da das Militär mehr Aktivitäten durchführen kann, sei es in der Ausbildung, bei Patrouillen oder in bewaffneten Konflikten. Schätzungen des Anstiegs der THG-Emissionen können einfach aus Daten über den steigenden Kraftstoffverbrauch berechnet werden, sofern diese Daten verfügbar sind. Ebenso lassen sich indirekte THG-Emissionen aus dem Anstieg des Stromverbrauchs in Militärbasen leicht messen.
Ein Teil der zusätzlichen Militärausgaben wird jedoch für die Anschaffung neuer Ausrüstung oder den Ausbau von Militärbasen verwendet werden. Die THG-Emissionen, die durch diese Aktivitäten entstehen, verteilen sich auf zahlreiche Lieferanten und Auftragnehmer, von denen viele nur wenige oder gar keine Daten melden könnten.
Je weiter das Netz gespannt wird, desto mehr muss man sich auf rechnerische Modelle verlassen, die sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Daten einbeziehen, und desto größer sind in der Regel die Unsicherheiten.6 Zivilunternehmen im Infrastrukturbereich weisen hingegen gewisse Ähnlichkeiten mit Militärbasen auf.
Diese Unternehmen geben an, dass ihr ihre Gesamtemissionen das 20-fache der Kernemissionen betragen.7 Bei der einfachen Übertragung dieser Daten auf das Militär ist Vorsicht geboten, insbesondere durch mögliche Doppelungen.
3. Was besagen die vorliegenden Studien?
Die 11 in diesem Bericht untersuchten Studien sind in den Tabellen 1a und b aufgeführt und wurden alle in den letzten zwei Jahren veröffentlicht. Zwei davon wurden in begutachteten Fachzeitschriften veröffentlicht, zwei sind andere wissenschaftliche Arbeiten, fünf wurden von zivilgesellschaftlichen Organisationen veröffentlicht und zwei von kommerziellen Beratungsunternehmen.
Tabelle 1a. Wichtigste Studien zum Zusammenhang zwischen Militärausgaben und THG-Emissionen, 2023–2025: Angaben zu Autoren und Institutionen (in chronologischer Reihenfolge)
publiziert |
Autoren |
Titel |
(Haupt-) Herausgeber |
Zusatzinfo |
Oct-2023 |
Lin et al |
Climate crossfire: how NATO’s 2% military spending targets contribute to climate breakdown |
Transnational Institute |
NGO |
Jul-2024 |
Lin et al |
Climate in the crosshairs: the planetary impact of NATO’s spending increases |
Transnational Institute |
NGO |
Aug-2024 |
Marko |
The green peace dividend: the effects of militarization on emissions and the green transition |
Research Gate |
selbst publizierte akadem. Publikation |
May-2025 |
Kinney et al |
How increasing global military expenditure threatens SDG 13 on climate action |
Conflict and Environment Observatory |
NGO |
May-2025 |
Dong et al |
Rising military spending jeopardizes climate targets |
Nature Climate |
Peer-reviewed academic journal |
Jun-2025 |
unknown |
Rearming Europe: counting the carbon ‘bootprint’ |
Greenly |
Beratungsunternehmen |
Jun-2025 |
Subran et al |
Captain Europe: five ways to forge the region’s defense shield |
Allianz |
Beratungsunternehmen |
Jun-2025 |
Lin et al |
NATO’s 3.5% spending goal: unsustainable on every count |
Transnational Institute |
NGO |
Jun-2025 |
Huibregtsen |
The military emissions gap: analysing the implications of militarization for the EU Green Deal |
Leiden University |
Academic thesis |
Jul-2025 |
Thombs et al |
Reducing U.S. military spending could lead to substantial decreases in energy consumption |
PLOS Climate |
Peer-reviewed academic journal |
Jul-2025 |
Bigger et al |
The $1 trillion Pentagon budget will make its emissions higher than the entire country of Ethiopia |
Climate & Community Institute |
Quellen der Studien:
Lin et al (2023): https://www.tni.org/en/publication/climate-collateral-COP28
Lin et al (2024): https://www.tni.org/en/publication/climate-in-the-crosshairs
Marko (2024): https://www.researchgate.net/publication/383529958_The_Green_Peace_Dividend_the_Effects_of_Militarization_on_Emissions_and_the_Green_Transition
Kinney et al (2025): https://ceobs.org/how-increasing-global-military-expenditure-threatens-sdg-13-on-climate-action/
Dong et al (2025): https://www.nature.com/articles/s41467-025-59877-x
Greenly (2025): https://greenly.earth/en-gb/leaf-media/data-stories/rearming-europe-counting-the-carbon-bootprint
Subran et al (2025):8 https://www.allianz.com/en/economic_research/insights/publications/specials_fmo/250602-defense-report.html
Lin et al (2025): https://www.tni.org/en/publication/natos-35-spending-goal
Thombs et al (2025): https://journals.plos.org/climate/article?id=10.1371/journal.pclm.0000569 Bigger et al (2025): https://climatecommunityinstitute.substack.com/p/1-trillion-pentagon-budget Huibregtsen (2025a):9 https://studenttheses.universiteitleiden.nl/handle/1887/4257781
Sechs der Studien leiten neue rechnerische Zusammenhänge zwischen Militärausgaben und THG-Emissionen ab. Die anderen fünf Studien verwenden mathematische Zusammenhänge, die aus einer der anderen Studien abgeleitet wurden. Eine weitere Studie – Thombs et al (2025) – konzentriert sich ausschließlich auf Emissionen von Scope 1 und 2, während sich sechs andere auf Scope 1 bis 3 konzentrieren und drei die ökonomischen Veränderungen untersuchen.
Tabelle 1b. Wichtigste Studien zum Zusammenhang zwischen Militärausgaben und THG-Emissionen, 2023–2025: Hauptkomponenten und Ergebnisse (aufgelistet nach Emissionskategorien und Datum)
Studie |
Scope (THG-Kategorie) |
Geografische Abdeckung |
Originäre Methodik oder frühere Studie |
wichtigste Resultate |
Thombs et al (2025) |
nur scopes 1,2 |
USA |
original |
höhere Militärausgaben von 51% –> 8% mehr Energieverbrauch; |
Lin et al (2023) |
scopes 1,2,3 |
NATO-Mitgliedsländer |
original |
NATO CO2-Fußabdruck (2021): 196 Mio. t CO2e |
Lin et al (2024) |
scopes 1,2,3 |
NATO-Mitgliedsländer |
Lin et al (2023) |
NATO CO2-Fußabdruck: Zunahme von 31 Mio. CO2e (2022-23) |
Lin et al (2025) |
scopes 1,2,3 |
NATO-Mitgliedsländer |
Lin et al (2023) |
NATO CO2-Fußabdruck: Zunahme von 77 Mio. t CO2e (2021-24); weiterer Anstieg auf 3,5% BIP-Anteil 115 Mio. t CO2e |
Huibregtsen (2025a) |
scopes 1,2,3 |
EU-NATO |
Lin et al (2023) |
EU-NATO Fußabdruck: Zunahme von 35 Mio. t CO2e (2019-24); weiterer Anstieg auf 3,5% BIP-Anteil: 29 Mio. t CO2e |
Bigger et al (2025) |
scopes 1,2,3 |
USA |
Lin et al (2023) |
US militär. CO2-Fußabdruck: Zunahme von 26 Mio. t CO2e (2023-26) |
Greenly (2025) |
scopes 1,2,3 |
NATO-Mitgliedsländer, |
original |
Militär. CO2-Fußabdruck: |
Subran et al (2025) |
scopes 1,2,3 |
NATO Europe |
original |
NATO-Staaten in Europa: Zunahme des CO2-Fußabdrucks bei Anstieg auf 3,5% BIP-Anteil: 462 Mio. t CO2e |
Marko (2024) |
Globale Ökonomie |
NATO+ |
original |
Ein Anstieg des Anteils der Militärausgaben am BIP um 1 % führt zu einem Anstieg der nationalen Emissionen um 0,9 % bis 2,0 %. |
Kinney et al (2025) |
Globale Ökonomie |
NATO ohne USA |
Marko (2024) |
Anstieg der jährlichen militärbezogenen Emissionen der NATO (ohne USA) auf 3,5 % des Ausgabenziels: 98 bis 218 Millionen Tonnen CO2e (über 2019) |
Dong et al (2025) |
Globale Ökonomie |
Global |
original |
Ein Anstieg des Anteils des Militärs am globalen BIP um 1 % führt zu einem Anstieg der globalen CO2-Emissionsintensität um 0,04 kg/USD. |
[Anmerkung KP: Die NATO hat 32 Mitglieder, die EU 27. Zur Abgrenzung EU-NATO:
NATO-Länder in Europa, die nicht Mitglied der EU sind (7 von 30 inkl. Türkei): Albanien – Island – Montenegro – Nordmazedonien – Norwegen – Türkei – UK
EU-Länder (4 von 27), die nicht Mitglied der NATO sind: Irland – Malta – Österreich – Zypern]
Wir beginnen unsere Zusammenfassung der Ergebnisse mit der Studie, die den engsten Bereich der Auswirkungen von Militärausgabensteigerungen untersuchte.
Thombs et al. (2025) konzentrierten sich auf den Zusammenhang zwischen Militärausgaben und militärischem Energieverbrauch in den USA und verwendeten dabei Daten aus den Jahren 1975 bis 2022. Der direkte Energieverbrauch von Flugzeugen, Schiffen, Landfahrzeugen und Militärbasen (Scope 1) sowie der Stromverbrauch (Scope 2) wurden berücksichtigt, andere indirekte Quellen (Scope 3), wie z. B. Lieferketten, jedoch nicht. Da 99 % des Energieverbrauchs in diesem Zeitraum aus fossilen Brennstoffen stammten, steht dieser Verbrauch in engem Zusammenhang mit den THG-Emissionen.
Die Studie enthält jedoch keine expliziten Zahlen zu den Emissionen. Zu den Ergebnissen der Studie gehörte, dass ein jährlicher Anstieg der Militärausgaben um 4,7 % über einen Zeitraum von 10 Jahren – ein Gesamtanstieg von 51 % – zu einem Anstieg des Energieverbrauchs um 8 % führen würde, während ein jährlicher Rückgang der Militärausgaben um 2,3 % – ein Gesamtrückgang von 19 % – zu einem Rückgang des Energieverbrauchs um 18 % führen würde.10
Sie kommen zu dem Schluss, dass der Energieverbrauch – und damit auch die Emissionen – viel empfindlicher auf Ausgabenkürzungen reagiert als auf Ausgabenerhöhungen. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Ausgabenkürzungen zu einer vorzeitigen Stilllegung ineffizienter Schiffe führen können, während neu angeschaffte Schiffe möglicherweise energieeffizienter sind.
Da die Emissionen des US-Militärs (Scope 1 und 2) im Zeitraum 2022-23 bei 48 Mio. t CO2e liegen und unter der Annahme, dass die Intensität des fossilen Energieverbrauchs unverändert bleibt, lassen sich grobe Berechnungen durchführen, wie sich solche Zahlen in Emissionen umrechnen lassen. Dies bedeutet beispielsweise, dass ein Anstieg der Militärausgaben um 10 % zu einem Anstieg von 0,7 Mio. t CO2e führen würde, während ein Rückgang der Militärausgaben um 10 % zu einem Rückgang von 4,6 Mio. t CO2e führen würde.
Die nächste Gruppe von fünf Studien verwendete die von Lin et al. (2023) abgeleitete Methodik, die die Bereiche 1, 2 und 3 abdeckt. Die Grundgleichung lautet:
CO2-Fußabdruck einer nationalen Armee einschließlich der damit verbundenen Rüstungsindustrie =
(Militärausgaben) x (Anteil der Ausgaben für Ausrüstung) x (Umrechnungsfaktor für Ausgaben in Emissionen) + [ (Anzahl der Militärangehörigen) x (durchschnittliche stationäre Emissionen pro Militärangehörigem) ]
Der Umrechnungsfaktor für Ausgaben und Emissionen wurde anhand von Daten zweier großer Rüstungsunternehmen, Thales und Airbus, für die Jahre 2020 bis 2022 abgeleitet.
Lin et al. (2023) schätzten, dass eine Erhöhung der Militärausgaben der NATO von ihrem Niveau im Jahr 2021 auf ein Niveau, bei dem alle Mitgliedsländer das (damalige) NATO-Ziel von mindestens 2 % des BIP erreichen, zu einem Anstieg der jährlichen militärischen THG-Emissionen des Bündnisses von 196 auf 209 Mio. tCO2e führen würde, was einem Anstieg von 13 Mio. t CO2e entspricht.
Lin et al. (2024) führten eine zweite Analyse der militärischen THG-Emissionen der NATO durch, diesmal für die Jahre 2022 und 2023. Die Emissionen für 2023 wurden auf 233 Mio. t CO2e geschätzt, was einem Anstieg von 31 Mio. t CO2e gegenüber dem Niveau von 2022 entspricht.
Nach der Ankündigung des 800 Mrd. Euro schweren „ReArm Europe Plan” der EU und der Aussicht, dass die NATO ein Militärausgabenziel von 3,5 % des BIP vereinbaren könnte, führten Lin et al. (2025) eine dritte Analyse durch. Sie schätzten, dass der militärische CO2-Fußabdruck der NATO bis 2024 273 Mio. t CO2e erreichen würde, was einem Anstieg von 77 Mio. t CO2e in nur drei Jahren entspricht. Sie schätzten weiter, dass der militärische CO2-Fußabdruck zur Erreichung des 3,5 %-Ziels 388 Mio. t CO2e erreichen würde, was einem Anstieg von 115 Mio. t CO2e gegenüber dem Niveau von 2024 entspricht.11 und 192 Mio. Tonnen CO2e über dem Niveau von 2021.
Huibregtsen (2025a) schätzte den militärischen CO2-Fußabdruck der 23 Nationen, die sowohl Mitglieder der EU als auch der NATO sind, unter Verwendung der Lin-Methodik. Sie schätzte diesen Fußabdruck für 2019 auf 31 Mio. t CO2e, der bis 2024 auf 66 Mio. t CO2e ansteigen wird, basierend auf historischen Daten. Sie stellte auch eine Zukunftsprognose auf, wonach die jährlichen Emissionen aufgrund des ReArm Europe Plan ab 2025 auf etwa 95 Mio. t CO2e steigen würden. Bei der Berechnung der Zahlen für 2025 und darüber hinaus ging sie von konservativen Annahmen hinsichtlich des Anteils der Ausgaben für militärische Ausrüstung und der Zahl der Militärangehörigen aus.
Nach der Vereinbarung des ersten 1-Billionen-Dollar-Budgets für das US-Militär schätzten Bigger et al. (2025) anhand der Lin-Gleichung, dass der CO2-Fußabdruck des US-Militärs im Jahr 2026 178 Mio. t CO2e erreichen wird, was einem Anstieg von 26 Mio. t CO2e in drei Jahren entspricht.
Greenly (2025) verwendete als Ausgangspunkt die Schätzung von Lin et al. (2024), wonach der militärische CO2-Fußabdruck der NATO im Jahr 2023 bei 233 Mio. t CO2e lag. Daraus berechneten sie die Treibhausgasemissionsintensität pro Währungseinheit der Militärausgaben (in US-Dollar) für dieses Jahr. Anhand dieser Daten schätzten sie, dass der militärische CO2-Fußabdruck aller NATO-Länder im Jahr 2024 bei 256 Mio. t CO2e liegen würde – ein Anstieg von 23 Mio. t CO2e gegenüber 2023 – und dass der Fußabdruck der EU-NATO-Staaten im Jahr 2025 bei 81 Mio. t CO2e liegen würde, während er für den gesamten ReArm Europe Plan über seine geplante Laufzeit von vier Jahren – bei 150 Mio. t CO2e liegen würde.
Subran et al. (2025) schätzten den Anstieg des militärischen CO2-Fußabdrucks der europäischen NATO-Länder, wenn diese ihre Militärausgaben auf das Ziel von 3,5 % des BIP erhöhen würden. Sie kamen zu dem Schluss, dass dieser Anstieg gegenüber dem Niveau von 2019 bei 462 Mio. t CO2e liegen würde – deutlich höher als in vergleichbaren Studien. Wir werden diesen großen Unterschied weiter unten diskutieren.
Marko (2024) entwickelte ein komplexes Rechenmodell zur Untersuchung der nationalen (territorialen) THG-Emissionen in Abhängigkeit von den Militärausgaben, gemessen als Prozentsatz des BIP. Er verwendete Daten aus den Jahren 1970 bis 2016 und eine Hauptstichprobe von 20 NATO-Ländern. Seine wichtigste Schlussfolgerung war, dass ein Anstieg des Anteils der Militärausgaben am BIP um einen Prozentpunkt zu einem Anstieg der nationalen Emissionen um 0,9 bis 2,0 % führt.
Kinney et al. (2025) verwendeten die Ergebnisse von Markos Studie, um den Anstieg der nationalen THG-Emissionen zu schätzen, der durch einen durchschnittlichen Anstieg der Militärausgaben von 1,5 % auf 3,5 % des BIP entstehen würde. Dies entspricht in etwa der für 31 NATO-Länder (d. h. ohne die USA, die bereits nahe an der Ausgabengrenze von 3,5 % liegen) für den Zeitraum 2019 bis 2030–2035 geplanten Situation. Der Gesamtanstieg der jährlichen nationalen THG-Emissionen in diesen Ländern würde zwischen 98 und 218 Mio. t CO2e liegen, mit einem Mittelwert von 158 Mio. t CO2e.
Dong et al. (2025) entwickelten ein komplexes Modell, um zu untersuchen, wie sich die weltweiten Militärausgaben – wiederum gemessen als Anteil am BIP – auf die weltweite Kohlendioxid (CO2)-Emissionsintensität, d. h. die Emissionen pro Währungseinheit, auswirken. Sie verwendeten globale Daten zu Ausgaben und Emissionen aus den Jahren 1995 bis 2023, darunter auch einige, die mit der Lin-Methodik abgeleitet wurden. Sie kamen zu dem Schluss, dass ein Anstieg des Anteils der Militärausgaben am BIP um einen Prozentpunkt zu einem Anstieg der Emissionsintensität um 0,04 Kilogramm pro US-Dollar (kg/USD) führt.12
Da die CO2-Emissionsintensität der Weltwirtschaft im Jahr 2023 auf etwa 0,26 kg/USD sinken wird, würde ein solcher Anstieg des Anteils der weltweiten Militärausgaben einen Anstieg der Emissionsintensität um 15 % bedeuten, was eine beträchtliche Zahl ist. Angesichts der Tatsache, dass die Weltwirtschaft im Jahr 2024 ein Volumen von mehr als 173 Billionen US-Dollar hatte,13 Ihre Berechnungen legen nahe, dass ein Anstieg des Anteils der weltweiten Militärausgaben um einen Prozentpunkt zu zusätzlichen Emissionen von etwa 70 Mio. t CO2e pro Jahr führen würde – allerdings nur, wenn es kein weiteres Wirtschaftswachstum gäbe. Bei einem aktuellen Wachstum der Weltwirtschaft von etwa 3 % pro Jahr14 würde dies aber zusätzliche Emissionen von etwa 208 Mio. Tonnen CO2e pro Jahr bedeuten.
4. Inwieweit gibt es übereinstimmende Ergebnisse?
Angesichts all dieser Analysen und der Unterschiede hinsichtlich des technischen Ansatzes, der geografischen Verbreitung, des Zeitrahmens und des Umfangs der berücksichtigten THG-Emissionen stellt sich die wichtige Frage, inwieweit die Studien miteinander übereinstimmen.
Um diese Frage zu beantworten, ist es hilfreich, eine einheitliche Messgröße für den Vergleich zu verwenden. Dieser Bericht geht aus von einer Erhöhung der Militärausgaben um 100 Mrd. US-Dollar (zu konstanten Preisen von 2023). Daten zu den Militärausgaben vom Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstitut (SIPRI)15 und der BIP-Änderungsindex der Weltbank16 wurden ebenfalls in dieser Analyse verwendet.
Wie bereits erwähnt, haben Thombs et al. (2025) einige Prognosen zum Energieverbrauch (Scope 1 und 2) basierend auf Veränderungen der Militärausgaben der USA erstellt. Bei Militärausgaben der USA in Höhe von 916 Mrd. USD im Jahr 2023 würde ein Anstieg um 100 Mrd. USD einer Zunahme von 11 % entsprechen. Unter Verwendung der zuvor genannten Zahlen und Annahmen würde dies einen Anstieg von 0,8 Mio. t CO2e im Jahresgesamtwert bedeuten. Darüber hinaus würde eine Senkung der Militärausgaben um 100 Mrd. US-Dollar zu einem Rückgang von 5,0 Mio. t CO2e führen. Dabei sind natürlich die Emissionen der Lieferkette und andere indirekte Emissionen nicht berücksichtigt. Da zusätzliche Militärausgaben eher für den Kauf neuer Technologien und anderer Ausrüstung als für den Kauf von zusätzlichem Treibstoff verwendet werden könnten, was zu einem Anstieg der direkten Emissionen führen würde, könnten die Zahlen von 0,8 Mio. t CO2e und 5 Mio. t CO2e nur einen vergleichsweise geringen Teil der Veränderungen im gesamten CO2-Fußabdruck des Militärs ausmachen.
Die Studien, die die Lin-Methodik verwendeten, schätzten den Anstieg der Emissionen aufgrund von höheren Militärausgaben in einigen oder allen NATO-Ländern über verschiedene Zeiträume oder für bestimmte Ausgabenziele. Ausgehend von Huibregtsen (2025a) können ihre Zahlen – für den historischen Anstieg zwischen 2019 und 2024 – auf der Grundlage der standardmäßigen Ausgabenerhöhung um 100 Mrd. USD (in konstanten Dollarwerten von 2023) neu berechnet werden. Dies ergibt einen Wert von etwa 31 Mio. t CO2e.17 Der Unterschied zwischen dieser Zahl und der von Thombs et al. ist auffällig. Wir kommen in Abschnitt 5 auf dieses Thema zurück.
Ein weiteres Beispiel: Die Kennzahlen in Lin et al (2025) basieren auf zukünftigen Ausgabenprognosen, sodass eine angemessene Inflationsanpassung schwierig ist. Sie verwendeten für ihre Berechnung die zukünftigen BIP-Prognosen des Internationalen Währungsfonds18.
Natürlich unterliegen diese Angaben aber erheblichen Unsicherheiten. Dieser Aspekt dürfte daher zu überhöhten Abschätzungen ihrer Emissionen führen. Ähnliche Probleme treten auch in anderen Studien auf, die die Lin-Methodik für Zukunftsprognosen verwenden. Allerdings gibt es auch einen Aspekt dieser Studien, der dazu führt, dass sie die Emissionen aus einem bestimmten Ausgabenanstieg unterschätzen. Die Daten, die sie für den Umrechnungsfaktor zwischen Ausgaben und Emissionen verwendet haben, basieren auf Branchendaten, von denen einige keine vorgelagerten Scope-3-Emissionen enthalten – d. h. Emissionen aus den Lieferketten der Rüstungsindustrie, einschließlich CO2-relevanter Produkte wie Stahl und Aluminium.19
Die Einbeziehung dieser Emissionen würde wahrscheinlich höhere Werte als Abschätzung ergeben. Die Gesamtwirkung dieser Ungenauigkeiten ist schwer zu bestimmen – und würde eine detailliertere Analyse mit zusätzlichen Industriedaten erfordern. Für die Zwecke dieses Berichts begnügen wir uns daher mit der Schätzung auf der Grundlage von Huibregtsen (2025a).
Greenly (2025) berechnete anhand der Daten von Lin et al (2024) für das Jahr 2023 einen Wert für die Treibhausgasemissionsintensität (in t CO2e/USD) und wandte diesen einfach an, um den militärischen CO2-Fußabdruck der NATO im Jahr 2024, der EU-NATO im Jahr 2025 und des gesamten vierjährigen EU-Plans „ReArm Europe“ zu schätzen. Die Verwendung einer solchen Zahl impliziert die Annahme, dass das Verhältnis zwischen Emissionen und Ausgaben über den Untersuchungszeitraum linear ist. Ihre Zahl für die Treibhausgasemissionsintensität entspricht 19 Mio. t CO2e für einen Anstieg der Ausgaben um 100 Mrd. US-Dollar zu konstanten Preisen von 2023.20
Es ist schwierig, die Ergebnisse von Dong et al. (2025) in eine Standardzahl zu übersetzen, die mit den anderen Studien vergleichbar ist. Unter Verwendung einer vereinfachten Berechnung auf der Grundlage unserer früheren Diskussion21, scheint diese Studie jedoch darauf hinzudeuten, dass eine Erhöhung der Militärausgaben um 100 Mrd. US-Dollar zu einem Anstieg der jährlichen THG-Emissionen um etwa 16 Mio. t CO2e führen würde. Dies liegt in etwa in der Mitte zwischen den höchsten und niedrigsten Schätzungen aus den anderen oben genannten Studien.
Die Studie von Subran et al. (2025) liefert eine Schätzung des Anstiegs der militärischen Emissionen, die viel höher ist als die anderer Studien. Um das Ausgabenziel der NATO von 3,5 % zu erreichen, berechnet sie einen Anstieg von 462 Mio. t CO2e für die europäischen NATO-Länder. Im Vergleich dazu: 64 Mio. t CO2e in Huibregtsen (2025) – wobei Großbritannien und die Türkei nicht berücksichtigt sind; 98–218 Mio. t CO2e in Kinney et al. (2025) – wobei hier auch Kanada berücksichtigt wird; und 193 Mio. t CO2e in Lin et al. (2025) – wobei auch Kanada und die USA berücksichtigt werden. Die Schätzung von Subran et al. wurde aus anderen Daten zu militärischen THG-Emissionen extrapoliert, aber aufgrund fehlender Details zur Methodik und zu den Quellen in dieser Arbeit ist es sehr schwer zu verstehen, warum diese Zahl so viel höher ist als andere Schätzungen. Daher wurde beschlossen, sie nicht weiter in diese Analyse einzubeziehen.
Zusammenfassend lassen diese Studien den Schluss zu, dass ein Anstieg der Militärausgaben um 100 Mrd. USD (in konstanten Preisen von 2023) zu einem Anstieg der jährlichen THG-Emissionen um 0,8 bis 43 Mio. t CO2e führen würde, während ein entsprechender Rückgang eine Verringerung um 5 bis 43 Mio. t CO2e bedeuten würde. Entscheidend ist, dass die unteren Werte dieser Spannen die Emissionen der Lieferkette nicht berücksichtigen und alle Zahlen die Auswirkungen von Kriegshandlungen ausschließen. Es ist auch wichtig zu beachten, dass sich diese Bandbreite für standardisierte Ausgaben durch neue industrielle, technologische oder geopolitische Bedingungen erheblich ändern kann.
5. Welche Daten sind lückenhaft?
Bei der Bewertung dieser Studien ist zu prüfen, welche Emissionsquellen nicht oder nur teilweise berücksichtigt wurden.
Die erste wichtige Gruppe, die zu berücksichtigen ist, sind die Emissionen der Lieferkette. Wie bereits erwähnt, haben Thombs et al. (2025) diese in ihrer Studie nicht berücksichtigt, während diejenigen, die die Lin-Methodik verwenden, dies zumindestens teilweise getan haben. Schätzungen des militärischen CO2-Fußabdrucks unter Verwendung der Lin-Methodik (nach Bereinigung um Inflationseffekte) liegen tendenziell etwa 2,8-mal höher als die Kernemissionen (Scope 1 und 2) allein.22 Hingegen argumentieren Parkinson und Cottrell (2022), dass dieses Verhältnis mehr als 5 betragen sollte.23
Letztere Studie basiert auf Daten aus Großbritannien, die unter Verwendung eines Wirtschaftsmodells namens „environmentally-extended input-output model” (EEIOM) ermittelt wurden. EEIOMs sollen eine vollständigere Bewertung der CO2-Fußabdrücke auf Sektorebene liefern – wie sie für die Bewertung des Militärsektors erforderlich ist – als Studien, die eine konventionellere Lebenszyklusanalyse („life cycle assessment“ – LCA) verwenden.24 Das norwegische Militär hat kürzlich ein EEIOM verwendet, um seinen eigenen militärischen CO2-Fußabdruck zu schätzen,25 und das Verhältnis lag erneut bei über 5. Wendet man diese Zahl auf die Schätzungen in Abschnitt 4 an, würden sich die Zahlen von Thombs et al. (2025) um das Fünffache und die nach der Lin-Methode ermittelten Zahlen um das 1,8-Fache (d. h. 5/2,8) erhöhen. Dies bedeutet, dass zusätzliche Militärausgaben in Höhe von 100 Mrd. USD zu einem Anstieg der jährlichen THG-Emissionen um 4 bis 56 Mio. t CO2e führen würden, während ein entsprechender Rückgang eine Verringerung um 25 bis 56 Mio. t CO2e bedeuten würde.
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit Lieferketten ist für die Situation in den USA besonders relevant und wird sich daher insbesondere auf die Ergebnisse von Thombs et al. (2025) und Bigger et al. (2025) auswirken. Dabei handelt es sich um den hohen Anteil privater Söldnertruppen für militärische Aktivitäten, was insbesondere durch das US-Kriegsministerium erfolgt. So führte z.B. das Ende des Kalten Krieges zu einem starken Rückgang der Zahl der aktiven Militärangehörigen – von 2,2 Mio. im Jahr 1990 auf 1,4 Mio. im Jahr 2000.26 Während die Kriege nach dem 11. September 2001 bis 2012 zu einem Anstieg der Personalstärke um etwa 200.000 Personen führten, ging dies auch mit einem sehr starken Anstieg der Zahl privater Militärdienstleister einher.
So wurden beispielsweise im Irakkrieg von 2003 bis 2011 über 100.000 dieser Mitarbeiter beschäftigt, etwa zehnmal so viele wie im Golfkrieg von 1990 bis 1991.27 Die mit diesem Anstieg verbundenen THG-Emissionen werden nicht in den Kernemissionen (Scope 1 und 2) des US-Militärs berücksichtigt, und es wurden auch keine zusätzlichen Daten veröffentlicht. Diese Auslassung erklärt, warum der Anstieg der Kernemissionen der USA in diesem Zeitraum nicht so hoch war wie erwartet. Dieses Problem untermauert das Argument für die Verwendung von EEIOMs zur Bewertung des militärischen CO2-Fußabdrucks.
Ein weiteres wichtiges Problem im Zusammenhang mit indirekten THG-Emissionen ist der zusätzliche Erwärmungseffekt durch Flugzeugemissionen in der Stratosphäre. Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die direkten THG-Emissionen des Luftverkehrs unter Berücksichtigung dieses Effekts mit dem Faktor 1,728 multipliziert werden müssen. Es ist jedoch auch zu beachten, dass sich der Erwärmungseffekt auf einen kurzen Zeitraum konzentriert, so dass der derzeitige Anstieg der Luftverkehrsemissionen den globalen Temperaturanstieg in naher Zukunft beschleunigen wird, was ein höheres Risiko bedeutet, die „Kipppunkte” des Klimasystems zu überschreiten, jenseits derer Veränderungen irreversibel werden.29 Dieser Faktor wurde in den zuvor diskutierten THG-Zahlen nicht berücksichtigt und wird daher hier eingeführt. Da die Emissionen des Luftverkehrs in der Regel etwa ein Drittel der Kernemissionen (Scope 1 und 2) ausmachen,30 ergibt sich daraus die folgende erweiterte Bandbreite. Bei einem Anstieg der Militärausgaben um 100 Mrd. USD würden die jährlichen THG-Emissionen um 4 bis 59 Mio. t CO2e steigen, während ein entsprechender Rückgang eine Verringerung um 26 bis 59 Mio. t CO2e bedeuten würde.
Eine weitere Einschränkung der in diesem Papier diskutierten Studien besteht darin, dass praktisch alle Daten aus industrialisierten, demokratischen Ländern stammen. Nur Marko (2024) hat Daten aus beispielsweise China und Russland, den Ländern mit den weltweit zweithöchsten und dritthöchsten Militärausgaben, einbezogen.
Schließlich gibt es noch die Frage der Kriegsführung oder der „Scope 3+“-Emissionen. Es ist sehr schwierig abzuschätzen, welche Auswirkungen Änderungen der Militärausgaben auf diese Emissionen haben würden. Während nach konventioneller militärischer Denkweise eine Erhöhung der Ausgaben zur Vergrößerung des Militärs dazu beiträgt, externe Aggressionen abzuschrecken und somit Kriegshandlungen zu reduzieren, gibt es auch entsprechende Belege dafür, dass erhöhte Militärausgaben einen Rüstungswettlauf anheizen, der Kriege wahrscheinlicher machen kann.30
6. Wichtigste Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Der Zusammenhang zwischen Militärausgaben und THG-Emissionen ist komplex. Wenn zusätzliche Ausgaben direkt zur Steigerung der militärischen Aktivitäten verwendet werden, wird der größte Teil des Geldes für Treibstoff ausgegeben, und die direkten THG-Emissionen des Militärs (Scope 1) werden deutlich ansteigen.
Wenn die zusätzlichen Ausgaben jedoch hauptsächlich zur Aufstockung des Militärpersonals verwendet werden, würde es zu einem Anstieg der Emissionen in Militärbasen (Scope 1 und 2) und möglicherweise zu einer Erweiterung (Scope 3) kommen.
Werden die zusätzlichen Ausgaben jedoch für den Kauf von mehr militärischer Ausrüstung verwendet, dann würde der größte Teil des Emissionsanstiegs auf die Lieferkette entfallen (Scope 3). Wenn die daraus resultierende militärische Ausrüstung energieeffizienter ist, könnte der Anstieg der direkten Emissionen geringer ausfallen als in der Vergangenheit.
Ein ernstes Problem bei Energieeffizienzverbesserungen ist jedoch, dass sie oft zu einem „Rebound-Effekt” führen, bei dem eine effizientere Technologie billiger in der Anwendung ist und daher einfach mehr genutzt wird, was kaum Vorteile in Bezug auf die Reduzierung der THG-Emissionen mit sich bringt. Dann gibt es noch den Fall, dass zusätzliche Militärausgaben zur Erhöhung der Gehälter des Militärpersonals verwendet werden – in diesem Fall ist kein Anstieg der militärischen THG-Emissionen zu beobachten.
Eine weitere Möglichkeit, insbesondere wenn der Anstieg der Ausgaben groß ist und innerhalb kurzer Zeit erfolgt – wie derzeit –, besteht darin, dass die Dynamik der Angebots- und Nachfragökonomie einsetzt und die Preise für militärische Ausrüstung in die Höhe schnellen können.
Unter diesen Umständen kann Profitgier zur Regel werden – insbesondere bei Ausrüstung, die nur von einer kleinen Anzahl von Herstellern angeboten wird, wie Kriegsschiffe, U-Boote oder Kampfflugzeuge. Daher könnte ein Anstieg der Emissionen gering ausfallen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass eine erhöhte Produktion zu Skaleneffekten führen kann, sodass die industriellen Emissionen pro Ausrüstungseinheit für einige massenproduzierte Güter, z. B. Munition, sinken können.
Wenn zusätzliche Ausgaben von kostengünstigen und effektiven CO2-reduzierten Technologien und Verfahrensweisen abgezogen werden, wird der Übergang zu einer Netto-Null-Wirtschaft verlangsamt. Marko (2024) hat diese Möglichkeit ausdrücklich untersucht. Er stellte fest, dass die Patente für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel nach einem Anstieg der Militärausgaben um 10 bis 25 % zurückgingen, wahrscheinlich weil Klimainnovationen „verdrängt” wurden. Da die globalen Emissionen bereits weit über das Niveau hinausgehen, das zur Erreichung des Pariser Klimaziels von 1,5 °C erforderlich ist, dürfte ein solcher indirekter Effekt ein sehr ernstes Problem darstellen.
Die Komplexität dieser Auswirkungen erklärt, warum die Bandbreite der Schätzungen für den Anstieg der THG-Emissionen aufgrund einer bestimmten Erhöhung der Militärausgaben – wie in Tabelle 2a zusammengefasst – so groß ist. Diese Auswirkungen können auch dazu führen, dass der Anstieg der militärischen Emissionen zeitlich verzögert wird, wie sowohl Thombs et al. (2025) als auch Marko (2024) festgestellt haben.
Ohne wesentlich fundierte Daten – die, wie bereits erwähnt, nach wie vor weitgehend fehlen – wird es schwierig sein, diese Unsicherheit zu verringern. Die Ausführungen in Abschnitt 5 zeigen jedoch mehrere Faktoren auf, die darauf hindeuten, dass die Emissionsveränderungen eher am oberen Ende der Bandbreite liegen werden.
Tabelle 2a. Veränderungen des militärischen CO2-Fußabdrucks basierend auf Veränderungen der Militärausgaben in Höhe von 100 Mrd. USD (konstante Preise von 2023)
Änderung des militärischen CO2-Fußabdrucks (Mio. t CO2e) |
|||
Schätzung mittel |
Schätzung minimal |
Schätzung maximal |
|
Erhöhung der Militärausgaben |
32 |
4 |
59 |
Reduzierung der Militärausgaben |
-43 |
-26 |
-59 |
Anhand der Daten der NATO zu den Militärausgaben32 lässt sich abschätzen, um wie viel die THG-Emissionen steigen müssten, um das Ziel von 3,5 % Militärausgaben zu erreichen – siehe Tabelle 2b. Die zentrale Schätzung von 132 Mio. t CO2e liegt über den territorialen Emissionen ganzer Länder wie Chile oder Oman oder einem Drittel der Emissionen von Großbritannien.33
Tabelle 2b. Veränderungen der THG-Emissionen zur Erreichung des NATO-Ausgabenziels von 3,5 % unter Verwendung des Jahres 2024 als Basisjahr (konstante Preise von 2023)
Änderung des militärischen CO2-Fußabdrucks (Mio. t CO2e) |
|||
Schätzung mittel |
Schätzung minimal |
Schätzung maximal |
|
Erhöhung der Militärausgaben |
132 |
17 |
247 |
Es ist zu beachten, dass dieser Anstieg zusätzlich zu dem Anstieg vor 2024 erfolgt. Zwischen 2019 und 2024 stiegen die Militärausgaben der NATO um etwa 200 Mrd. US-Dollar.34 Dies entspricht einer zentralen Schätzung von etwa 64 Mio. t CO2e für den Anstieg des militärischen CO2-Fußabdrucks in diesem Fünfjahreszeitraum – ähnlich den territorialen Emissionen von Bahrain.35
Diese Ausgabensteigerungen werden sehr wahrscheinlich die nationalen und internationalen Treibhausgasemissionsziele untergraben. Beispielsweise müssen gemäß dem Europäischen Grünen Deal zwischen 2023 und 2030 die Emissionen um durchschnittlich 134 Mio. t CO2e pro Jahr sinken.36 Obwohl ein erheblicher Teil des Emissionsanstiegs im Zusammenhang mit den Militärausgaben der EU in Bereichen außerhalb dieses Ziels stattfinden könnte (z. B. innerhalb der US-Wirtschaft aufgrund von EU-Käufen bei amerikanischen Rüstungsunternehmen), hätte dies dennoch erhebliche Auswirkungen auf dieses Ziel.
Es sollte auch bedacht werden, dass die Erwärmungseffekte der THG-Emissionen auf das Klima kumulativ sind. Wenn beispielsweise die Militärausgaben der NATO-Mitglieder über einen Zeitraum von zehn Jahren durchschnittlich 3,5 % des BIP betragen würden, würde dies zu zusätzlichen Emissionen gegenüber dem Ausgabenniveau von 2024 in Höhe von etwa 1.320 Mio. t CO2e führen – mehr als die jährlichen territorialen Emissionen Brasiliens, der Nation mit den fünftgrößten Emissionen weltweit.37
Eine weitere hoffnungsvolle Schlussfolgerung aus diesen Daten ist, dass bei einer Kürzung der Militärausgaben die Emissionen wahrscheinlich schneller sinken würden, als sie gestiegen sind.
Aus globaler Klimaperspektive sind die aktuellen Treibhausgasemissionsziele unzureichend, um das 1,5-Grad-Ziel von Paris einzuhalten. Die jüngste Einschätzung führender Klimaforscher kam zu dem Schluss, dass „eine langfristige Erwärmung um 1,5 °C in etwa fünf Jahren unvermeidlich ist, wenn wir nicht sofort die notwendigen transformativen Maßnahmen ergreifen, um die Emissionen aus fossilen Brennstoffen und der Entwaldung auf netto null zu reduzieren“. 38 Vor diesem Hintergrund ist es äußerst schwierig zu erkennen, wie die aktuellen und geplanten Erhöhungen der Militärausgaben mit der Verhinderung eines gefährlichen Klimawandels in Einklang gebracht werden können.
7. Vorschläge
Aus diesem Bericht ergeben sich folgende Vorschläge:
1. Staaten mit Militärausgaben von mehr als 0,5 % ihres BIP sollten:
- jährlich zuverlässige Daten zu den wichtigsten militärischen THG-Emissionen (Scope 1 und 2) melden und Schätzungen zu den Emissionen aufgrund militärischer Lieferketten (Scope 3) vorlegen, wobei letztere idealerweise unter Verwendung umweltbezogener Input-Output-Modelle (EEIOMs) erfolgen sollten;
- bei der Schätzung der Emissionen aus Kriegshandlungen helfen;
- belastbare Pläne zur raschen Reduzierung der militärischen THG-Emissionen auf netto Null aufstellen, sowohl durch technologische als auch durch politische Maßnahmen, wobei letztere Friedensabkommen, Rüstungskontrolle und Abrüstungsinitiativen umfassen.
2. Es sollten weitere wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden, um
- die bestehenden Datenlücken bei der Bewertung der wichtigsten THG-Emissionen und des CO2-Fußabdrucks von Streitkräften zu schließen, insbesondere unter Verwendung von EEIOMs und vor allem dort, wo Streitkräfte und Rüstungsunternehmen sich der Veröffentlichung von Daten widersetzen;
- militärische Initiativen zur Reduzierung von THG-Emissionen kritisch zu untersuchen und das Potenzial zur Reduzierung militärischer Emissionen durch vernachlässigte Wege, wie z. B. Rüstungskontroll- und Abrüstungsmaßnahmen, zu erkunden.
Liste der Abkürzungen
CEOBS – Conflict and Environment Observatory
CO2 – Kohlendioxid
EEIOM – environmentally-extended input-output model (Input-Output-Analyse erweitert auf Umweltkriterien)
BIP – Bruttoinlandsprodukt
et al – …. und andere Autoren
THG – Treibhausgase
NATO – North Atlantic Treaty Organisation mit 32 Mitgliedsländern
NGO – Non Government Organization (zivilgesellschaftl. Organisation)
NIR – National Inventory Report (jährlicher nationaler Inventarbericht der THG-Emissionen nach Standard der UNFCCC)
SIPRI – Stockholm International Peace Research Institute
SGR – Scientists for Global Responsibility
t CO2e – Tonnen Treibhausgase im Äquivalent (engl.: equivalent) von CO2 (unter Berücksichtigung der Wirkung anderer Treibhausgase)
UNFCCC – United Nations Framework Convention on Climate Change
USD – US-Dollar
Fußnoten
1 Parkinson S, Cottrell L (2022). Estimating the Military’s Global Greenhouse Gas Emissions. SGR. https://www.sgr.org.uk/publications/estimating-military-s-global-greenhouse-gas-emissions
2 Liang et al (2025). Trends in World Military Expenditure, 2024. Stockholm International Peace Research Institute. https://www.sipri.org/publications/2025/sipri-fact-sheets/trends-world-military-expenditure-2024
3 siehe beispielhaft: The Military Emissions Gap (2025). https://militaryemissions.org/
4 GHG Protocol (2004). The GHG Protocol: A Corporate Accounting and Reporting Standard: Revised Edition. https://ghgprotocol.org/corporate-standard
5 CEOBS (2022). A framework for military greenhouse gas emissions reporting. https://ceobs.org/report-a-framework-for-military-greenhouse-gas-emissions-reporting/
6 p.8 of: CDP/BCG (2024). Scope 3 Upstream: Big Challenges, Simple Remedies. https://cdn.cdp.net/cdp-production/cms/reports/documents/000/007/834/original/Scope-3-Upstream-Report.pdf NB. The CDP/BCG report quotes the ratio between scope 3 only and scopes 1 plus 2. Hence its figures have been recalculated in this report so that they are directly comparable.
7 Ibid.
8 Die Analyse der THG-Emissionen des Militärs findet sich auf den Seiten 38–39 ihres Berichts.
9 A summary of the main findings of this thesis can be found in: Huibregtsen H (2025b). Military spending and military emissions: the hidden links. Responsible Science blog, SGR. June. https://www.sgr.org.uk/resources/military-spending-and-military-emissions-hidden-links
10 Berechnet anhand der Zahlen in Tabelle 4 und anderen Angaben im Haupttext von Thombs et al (2025).
11 Lin et al. (2025) gaben für einen Zeitraum von sechs Jahren (2025 bis einschließlich 2030) einen Wert für die THG-Emissionen von 2.330 Mio. t CO2e an, unter der Annahme, dass das Ziel von 3,5 % im Durchschnitt über diesen Zeitraum erreicht wurde. Um die Konsistenz mit anderen hier vorgestellten Studien zu gewährleisten, haben wir diesen Wert in eine Gesamtmenge für ein einzelnes Jahr umgerechnet.
12 US-Dollar auf Basis Kaufkraftparität von 2017
13 World Bank Group (2025a). Data: GDP, PPP (constant 2021 international $). https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.MKTP.PP.KD
14 World Bank Group (2025b). Data: GDP growth (annual %). https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.MKTP.KD.ZG
15 Tian et al (2024). Trends in World Military Expenditure, 2023. April. SIPRI. https://www.sipri.org/publications/2024/sipri-fact-sheets/trends-world-military-expenditure-2023
SIPRI verwendet eine standardisierte Definition für Militärausgaben in allen Ländern, während einzelne Länder – und regionale Organisationen wie die NATO – unterschiedliche Definitionen verwenden. Dies ist eine weitere Komplikation, die sich auf diese Analyse auswirkt.
16 World Bank (2025c). Data: Inflation, GDP deflator (annual %). https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.DEFL.KD.ZG
Wir weisen darauf hin, dass auch andere Reproduktionsindizes zur Verfügung stehen und dass die Berechnungen durch eine Vielzahl wirtschaftlicher Faktoren wie Wechselkurse erschwert werden.
17 Dies weicht nicht wesentlich von ihrer ursprünglichen Zahl von 35 Mio. t CO2e ab, da der Ausgabenanstieg für ihren Analysezeitraum 98 Mrd. Euro betrug und sie konstante Zahlen aus dem Jahr 2015 verwendete. Der für die Berechnung in dieser Studie verwendete ungefähre Wechselkurs betrug 1 Euro = 1,1 US-Dollar.
18 Lin, personal communication, 8 August, 2025.
19 Lin et al. (2023) verwendeten Emissionsdaten von Thales und Airbus. Die von ihnen verwendeten Daten von Airbus enthielten keine vorgelagerten Scope-3-Emissionen, während die Daten von Thales diese Emissionen berücksichtigten.
20 Nach Bereinigung der Inflationseffekte ergibt sich ein höherer Wert.
21 From section 3, a 0.1% GDP rise in global military spending would lead to additional emissions of (7+21)=28 million tCO2e. Since 0.1% GDP is approximately $173bn, $100bn would lead to (100/173)=0.57 of this amount, i.e. 16 million tCO2e.
22 SGR calculation based on figures from Lin et al (2023) and data from defence ministry reports for the USA, UK, Germany, Canada, Norway, and Denmark.
23 Parkinson S, Cottrell L (2022). Estimating the Military’s Global Greenhouse Gas Emissions. SGR/ CEOBS. https://www.sgr.org.uk/publications/estimating-military-s-global-greenhouse-gas-emissions
24 See, for example pp.215-219 of: Berners-Lee M (2020). How bad are bananas? The carbon footprint of everything. Profile books: London.
25 FFI (2024). Forsvarssektorens miljø- og klimaregnskap for 2023. (Norwegian Defence Research Establishment (2024). The defence sector’s environmental and climate accounts for 2023.) https://www.forsvaret.no/om-forsvaret/miljo/Forsvarssektorens%20klimaregnskap%20for%202023.pdf/_/attachment/inline/c1183920-f674-4c03-bf75-b821a40492ec:b7ad2b1ae98e5290fbe88a59799e40b8be9c5778/Forsvarssektorens%20klimaregnskap%20for%202023.pdf
26 Our World in Data (2024). Military personnel. https://ourworldindata.org/grapher/military-personnel
27 p.11 of: Stiglitz J, Bilmes L (2008). The Three Trillion Dollar War: The True Cost of the Iraq Conflict. Penguin Books: London.
28 The factor of 1.7 applies when considering a 100-year time-frame, which is standard practice. For a 20-year timeframe, the factor is 4.0. See:
Lee at al (2021). The contribution of global aviation to anthropogenic climate forcing for 2000 to 2018. Atmospheric Environment, vol.244, pp.117834. https://doi.org/10.1016/j.atmosenv.2020.117834 Table 5; DESNZ (2024). Greenhouse gas reporting: conversion factors 2024.UK Department for Energy Security and Net Zero. https://www.gov.uk/government/publications/greenhouse-gas-reporting-conversion-factors-2024
29 McGuire B (2023). The point of no return: how close is the world to irreversible climate change? Responsible Science, no.6. SGR. https://www.sgr.org.uk/resources/point-no-return-how-close-world-irreversible-climate-change
30 SGR estimate based on emissions data from US, UK, and German militaries, as stated in defence ministry reports.
31 Mitchell D, Pickering J (2017). Arms Buildups and the Use of Military Force. Kansas State University. https://doi.org/10.1093/acrefore/9780190228637.013.390
32 NATO (2024). Defence Expenditure of NATO Countries (2014-2024). https://www.nato.int/cps/en/natohq/news_226465.htm
33 European Commission, Joint Research Centre, International Energy Agency (2024). EDGAR (Emissions Database for Global Atmospheric Research) Community GHG Database. Version EDGAR_2024_GHG. https://edgar.jrc.ec.europa.eu/report_2024
34 In constant 2023 prices. Calculated using data from: Liang et al (2025). Op. cit.; NATO (2024). Op. cit. The exact figure depends on whether the SIPRI or NATO definition of military spending is used.
35 European Commission et al (2024). Op. cit.
36 European Commission (2025). Climate Action and the European Green Deal.
37 European Commission et al (2024). Op. cit.
38 Climate Change Tracker (2025). Indicators of Global Climate Change: Key Messages 2025. https://climatechangetracker.org/igcc#key-messages