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Der ökologische Fußabdruck der Bundeswehr BT-Drs/KP

31.05.202219.07.2022

Kommentar zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage aus der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

Drucksache 20/1829 vom 13.5.2022, Quelle: https://dserver.bundestag.de/btd/20/018/2001829.pdf

von Karl-Heinz Peil

Nach wie vor tut sich die Bundesregierung schwer mit Auskünften zur Ökobilanz der Bundeswehr. Die hier erfolgte Auskunft aufgrund einer Kleinen Anfrage ist zwar nicht die erste dieser Art, jedoch nimmt die aktuelle Anfrage explizit auch Bezug auf neuere Entwicklungen. Hierzu gehört beispielsweise auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Mai letzten Jahres zum Klimaschutzgesetz und den darauf hin erfolgten (kosmetischen) Nachbesserungen, wenngleich in den Fragen und Antworten darauf nicht direkt eingegangen wird.

Nachfolgend werden einige der insgesamt 31 Fragen und Antworten kurz kommentiert.

Frage:

1. Inwieweit ist es nach Auffassung der Bundesregierung für eine vollumfängliche Öko- und Klimabilanz des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundeswehr notwendig, neben den Emissionen für die Infrastrukturen und militärspezifische Mobilität auch die Emissionen für Auslandseinsätze einzubeziehen?

Antwort:

„Aufgrund ihrer multinationalen Organisation, die sich auch auf den Energiesektor bezieht, ist eine Aufteilung der Treibhausgasemissionen, die während der Auslandeinsätze entstehen, auf die einzelnen Staaten in verursachungsgerechter Weise nicht möglich.“

Die jährlichen Berichterstattungen aller Staaten im Nationalen Inventarbericht haben zunehmend eine reine Feigenblattfunktion. Gemäß den zugrunde liegenden IPCC-Richtlinien für die Berichterstattung gibt es dort zwar entsprechende Kategorien zur Erfassung mit militärisch stationär und militärisch mobil, jedoch sind die Einschränkungen wesentlich.

Verwiesen wird in den Antworten der Bundesregierung darauf, dass Emissionen aus „multilateralen militärischen Operationen“ nicht in den Gesamtemissionen einzelner Länder bilanziert werden. Demnach gilt für die Zuordnung der Emissionen das Territorialprinzip, d. h. die Emissionen innerhalb der jeweiligen Staatsgrenzen werden berichtet und dem jeweiligen Land zugeordnet.

So kann man im Netz z.B. auch den nationalen Inventarbericht Afghanistans abrufen, wo bis zum letzten Jahr auch die Bundeswehr stark beteiligt war. (Quelle: https://unfccc.int/sites/default/files/resource/6317285_Afghanistan-BUR1-1-NIR-AFG-Final_TK_MN_TK_20200228.pdf). Bezüglich der entsprechenden Tabelle für militärisch verursachte Emissionen von ausländischem Militär findet man dort nur den Standardeintrag „Not estimated“, d.h. unbekannt (Seite 307).

Damit erweist sich die Antwort der Bundesregierung als typisch für ein Muster, das häufig zur Anwendung kommt, indem auf andere Quellen verwiesen wird, bei denen man jedoch ins Leere läuft.

Fragen:

  1. Inwieweit ist es nach Auffassung der Bundesregierung angesichts der Bedrohung der menschlichen Existenz durch den Klimawandel (https:// www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-uno-klima-und-sicherheit/ 2 4 4 3 838) und der hohen Treibhausgasemissionen durch das Militär (https://ceobs.org/wp-content/uploads/2021/02/Under-the-radar_the-carb on-footprint-of-the-EUs-military-sectors.pdf) notwendig, konkrete Reduktionsziele für die Treibhausgasemissionen des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundeswehr zu formulieren?

  2. Warum wurden in dem im Jahr 2019 beschlossenen sogenannten Klimapaket keine Klimaschutzziele für die Bundeswehr formuliert, vor dem Hintergrund, dass sie mit ca. 250 000 militärischen und zivilen Beschäftigten die mit Abstand größte Institution auf Bundesebene und damit auch größter Verursacher von Treibhausgasen unter Regierungsverantwortung ist (https://www.nd-aktuell.de/artikel/1151524.das-militaer-als-verursacher-der-klimakatastrophe-krieg-gegen-die-umwelt.html)?

Aus der Antwort:

Maßnahmen für die gesamte Bundesverwaltung wurden im Klimaschutzprogramm 2030 in Abschnitt 3.5.1 „Klimaneutrale Bundesverwaltung“ festgelegt.

Mit der Frage 2 wird angesprochen, dass die militärischen Emissionen gesamthaft in der nationalen Bilanzierung geschickt klein gerechnet werden können, wie es die zitierte CEOBS-Studie nachweist. Auch wenn dessen ungeachtet in der nationalen Emissionsbilanz das Militär keinen dicken Brocken darstellt, so ergibt sich aber, dass bei den institutionellen Tätigkeiten von Bundesbehörden die Bundeswehr einen Anteil von mindestens 60% an den CO2-Emissionen hat. Es ist deshalb beschämend, wenn in den Nachhaltigkeitsberichten des BMVg nur Nebensächlichkeiten aufgeführt werden, wie z.B. eine Quote von Recyclingpapier von 95%. Eine direkte Antwort auf die Frage 3 wird deshalb mit Allgemeinplätzen umgangen.

Dieser Aspekt wird auch mit den Fragen 30 und 31 nochmals direkt angesprochen:

  1. Wie hoch sind die Treibhausgasemissionen des BMVg, der nachgeordneten Behörden und der Bundeswehr im Vergleich zu den Treibhausgasemissionen aller Bundesbehörden und Bundesinstitutionen (bitte nach Name der Bundesbehörde bzw. Bundesinstitution und Höhe der Treibhausgasemissionen auflisten)?

  2. Wie groß ist der Anteil (prozentual) der Treibhausgasemissionen des BMVg, der nachgeordneten Behörden und der Bundeswehr im Vergleich zu den Treibhausgasemissionen aller Bundesbehörden und Bundesinstitutionen, zu denen Daten zu den Treibhausgasemissionen der jeweiligen Einrichtung zur Verfügung stehen?

Die Antwort wäre mit dem von mir genannten Anteil mit Blick auf den Bundeshaushalt leicht zu beantworten gewesen, d.h. mit den Ausgaben der dortigen Funktionsgruppe „Allgemeine Dienste“ im Gesamtumfang von ca. 104 Mrd. Euro im Haushaltsjahr 2021. Davon entfallen 47 Mrd. Euro für „Verteidigung“ und damit an das mit Abstand größte Dienstleistungsunternehmen des Bundes, mit einer Gesamtpersonalstärke (militärisch und zivil) von ca. 200.000, bei insgesamt ca. 500.000 Bundes-Bediensteten.

Stattdessen heißt es als Antwort:

Da Daten zu den gesamten Treibhausgasemissionen aller Bundesbehörden und Bundesinstitutionen derzeit nicht zur Verfügung stehen, ist die Berechnung des prozentualen Anteils des BMVg, nachgeordneter Behörden und der Bundeswehr im Gesamtvergleich nicht möglich. Bereits vorliegende Daten einzelner Bundesbehörden stellen keine relevante Vergleichsgröße dar. Die Koordinierungsstelle Klimaneutrale Bundesverwaltung (KKB) wird eine Emissionsbilanz für die gesamte Bundesverwaltung erstmalig Ende 2022 erstellen (Berichtsjahr 2021).

Frage 4 lautete:

Hat sich die Bundesregierung im Rahmen der UNO-Klimakonferenz COP26 in Glasgow für eine verbindliche Berichterstattung über militärische Treibhausgasemissionen eingesetzt, und wenn nein, warum nicht?

Die Antworten auf diese Frage sind ein weiteres Beispiel für viele nichtssagende Worte, statt eines eindeutigen „Nein“. Siehe oben zu meinem Kommentar zur Antwort auf Frage 1.

Reduktionsverpflichtungen für militärische Emissionen werden im Rahmen des Übereinkommens von Paris nicht separat ausgewiesen. Sie werden jedoch in der Treibhausgasemissionsberichterstattung unter der Klimarahmenkonvention und zukünftig auch unter dem Übereinkommen von Paris erfasst und dementsprechend im jährlich erscheinenden Nationalen Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar durch das Umweltbundesamt veröffentlicht. Hiermit kommt die Bundesrepublik Deutschland ihrer Verpflichtung als Vertragsstaat der Klimarahmenkonvention nach, vollständige Inventare zu nationalen Treibhausgasemissionen zu erstellen, zu veröffentlichen und regelmäßig fortzuschreiben. […]

Kein Gegenstand der Anfrage, aber an dieser Stelle erwähnenswert ist noch, dass in Deutschland zwar insgesamt ca. 2 Mio. Photovoltaikanlagen installiert sind, jedoch in Liegenschaften der Bundeswehr bisher nur 58. Dass diese Zahl sogar im letzten Nachhaltigkeitsbericht des BMVg genannt wird, zeigt die tiefe Kluft zwischen Propaganda und vielen nichtssagenden Formulierungen zur Ökobilanz der Bundeswehr gegenüber der Realität.

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