Ukrainekrieg und geopolitische Ressourcensicherung
Aktuellere Beiträge siehe auch: Ressourcen und Geopolitik (Zusammenstellung)
Inhalt
- Das große Geschäft: Europa will viel Gas aus den USA beziehen | 25.3.2022 (TP)
- Erdgas aus Algerien auf der Kippe | 20.3.2022 (TP)
- Rüstungskonzern Rheinmetall und Fracking-Gas | 13.3.2022 (NDS)
- Kann LNG russisches Pipeline-Gas in Europa ersetzen? – Krass & Konkret
- Die EU ist für Afrika nicht die Lösung | 2.3.2022 (FR)
Das große Geschäft: Europa will viel Gas aus den USA beziehen | 25.3.2022 (TP)
Liefermenge des besonders umweltschädlichen Fracking-Gases soll in den kommenden Jahren auf 50 Milliarden Kubikmeter jährlich steigen
Quelle: Telepolis (Ralf Streck) https://www.heise.de/tp/features/Das-grosse-Geschaeft-Europa-will-viel-Gas-aus-den-USA-beziehen-6633777.html
Auszug:
Seit 2018 haben sich die europäischen LNG-Importe aus den USA mehr als verdoppelt. Sollten tatsächlich in einigen Jahren 50 Milliarden Kubikmeter aus den USA geliefert werden, dann würden aber auch nur etwa ein Drittel der derzeitigen Gasimporte aus Russland ersetzt werden. Bisher hat die EU etwa 155 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr aus Russland importiert, das sind etwa 40 Prozent des in der EU verbrauchten Gases.
Ob die Steigerung auf 50 Milliarden Kubikmeter möglich ist, ist eher zu bezweifeln, da dafür die Infrastruktur nicht besteht. Schiffe und Regasifizierungsanlagen lassen sich wie Pipelines nicht aus dem Boden stampfen. Dass Spanien ein Pipeline-Projekt gestoppt hatte, um Katalonien vor den Kopf zu stoßen, fällt der EU dabei ebenfalls auf die Füße. Denn eigentlich sollte schon in diesem Jahr von den vergleichsweise vielen Regasifizierungsanlagen in Spanien Gas in den Norden geleitet werden können. Das wird nun frühestens 2024 möglich. […]
Auf den fatalen Treibhausgasfußabdruck von LNG machte der Methan-Experte Robert Howarth, Professor für Umweltforschung an der Cornell University in Ithaca, New York, aufmerksam. Er erklärte auf einer von der Heinrich-Böll-Stiftung und der Deutschen Umwelthilfe gemeinsam veranstalteten Webkonferenz:
„Methan ist ein 120 Mal schädlicheres Treibhausgas als CO2.“
Howarth führte aus, dass bei der Produktion und Transport von Fracking-Gas mindestens 3,2 Prozent der enthaltenen Methanmenge in die Atmosphäre gelange und er hält sogar sechs Prozent für möglich.
Zudem müssten zur Verflüssigung 20 Prozent des Schiefergases verbrannt werden, dazu kommt der lange See-Transport. Der Treibhausgasfußabdruck von LNG sei damit sogar größer als der von Kohle. Deshalb fordert der Methan-Experte, dass man die LNG-Infrastruktur in Europa nicht weiter ausbauen solle, doch das Gegenteil treiben die Grünen gerade voran.
Erdgas aus Algerien auf der Kippe | 20.3.2022 (TP)
Die spanische Regierung will die Souveränität Marokkos über die Westsahara anerkennen, das erzürnt Algier. Sánchez‘ Entscheidung kommt zur Unzeit. Das algerische Gas sollte die EU aus der Abhängigkeit von Russland befreien
Quelle: Telepolis (Ralf Streck) https://www.heise.de/tp/features/Erdgas-aus-Algerien-auf-der-Kippe-6593873.html
Auszüge:
Marokko hat in den letzten Monaten alles dafür getan, um auch den Nachbarn Algerien zu provozieren, der seit Jahrzehnten eine schützende Hand über die Saharauis und die Polisario hält. In der algerischen Wüste befinden sich die Lager, in welche die Saharauis vor den Besatzern geflüchtet ist.
Dass Marokko Algerien sogar als „wahre Konfliktpartei“ bezeichnet hat, führte schließlich schon zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Algerien und Marokko. Ein Drohnen-Angriff sorgte schließlich im vergangenen November dafür, dass Algerien schließlich die Gas-Lieferungen nach Marokko eingestellt hat, nachdem ein Vertrag ausgelaufen.
Die Maghreb-Europa-Pipeline
So fließt seither über die Maghreb-Europa-Pipeline aber auch kein Gas mehr nach Spanien und Portugal, womit sich die Gasknappheit in Europa verschärft hat und die Preise weiter nach oben getrieben wurden.
Kürzlich hatte Algerien sogar noch angeboten, die Lieferungen nach Europa über die zweite Direkt-Pipeline zu verstärken und insgesamt mehr Gas nach Europa zu liefern. Damit würde auch die MidCat-Pipeline wieder sinnvoll sein, die die deutsche Gas-Abhängigkeit von Russland verkleinern könnte (MidCat-Pipeline zur Befreiung von der russischen Gas-Abhängigkeit?).
Doch nun stehen alle bisherigen Aussagen Algeriens zur Disposition, da sich das Land durch die Westsahara-Entscheidung der sozialdemokratischen Regierung erneut verraten fühlt. „Dies ist nach dem katastrophalen Abkommen von 1975 der zweite historische Verrat Madrids am saharauischen Volk“, werden Quellen aus der algerischen Regierung zitiert. „Marokko hat endlich bekommen, was es von Spanien wollte.“
Die Bedeutung des Gaslieferanten Algerien für Europa
Schon vor geraumer Zeit hatte Algerien Spanien davor gewarnt, die Gasknappheit in Marokko durch die Umleitung von algerischem Gas nach Marokko zu lindern. Die Gefahr dafür steigt, angesichts des Schmusekurses, den Sánchez nun definitiv eingeschlagen hat. Spätestens dabei wird Algerien nicht zuschauen.
Klar ist, dass sich neben der Ukraine nun auch am Mittelmeer immer mehr Konfliktpotential staut. Es ist fast schmerzhaft absurd, wenn einige Medien zu dem Sánchez-Vorstoß titeln: „Spanien ebnet Weg zur Lösung des Westsahara-Konflikts.“.
Das Gegenteil ist der Fall. Auch in dieser Region wird die Lösung des Konflikts nicht über ein demokratisches Referendum vorangetrieben, sondern es wird erneut Öl ins Feuer geschüttet. Das könnte nicht nur dazu führen, dass sich der Krieg in der Westsahara zu einem regionalen Krieg ausweitet, sondern es könnte ein weiterer Gashahn zugedreht werden – mit fatalen Folgen für die Energieversorgung in Europa.
Rüstungskonzern Rheinmetall und Fracking-Gas | 13.3.2022 (NDS)
Aktienzukauf beim Rüstungskonzern Rheinmetall, und noch mehr Fracking-Gas
BlackRock kauft bei Rheinmetall zu. Hohe Todesrate bei Fracking-Standorten.
Quelle: Nachdenkseiten (Werner Rügemer) – https://www.nachdenkseiten.de/?p=81874
Auszüge:
Panzer mit Solarbatterie und blau-gelber Flagge
BlackRock-Chef Laurence Fink rückte in den letzten Jahren zum Umwelt- und Nachhaltigkeits-Propheten der westlichen Welt auf. An die Chefs der etwa 18.000 Unternehmen und Banken, an denen BlackRock Aktien hält, richtet Fink seine jährlichen Mahnungen: Die Wirtschaft muss auf Umweltschonung umgestellt werden! Ihr müsst den neuen Wertekanon ESG einhalten: E = Environment, Umwelt! Und S = sozial müsst ihr sein! Und G = ihr müsst Euer Unternehmen gut führen! Und natürlich erfüllen alle brav Finks Mahnungen: Rheinmetall lobt auf seiner Website neuerdings E$G. Und seit April 2021 ist Rheinmetall Mitglied des Global Compact der Vereinten Nationen/UN! Panzer, Raketen, Munition sind also Teil der „Nachhaltigkeit“!
BlackRock & Co in der US-Fracking-Industrie
Die Bundesregierung fördert jetzt wegen „Ukraine“ auch das umwelt- und menschenschädliche Fracking-Gas aus den USA als Ersatz für das bisher aus Russland gelieferte Gas. Fracking: Unter hydraulischem Druck werden mithilfe von Chemikalien tiefe Gesteinsschichten aufgesprengt, sodass Gas und Öl entweichen können. Es ist nicht nur schädlich bei der Produktion, sondern zusätzlich durch den transatlantischen Transport. Und es ist noch teurer durch die zusätzlich nötigen Spezial-Terminals, an denen das verflüssigte Gas (LNG) aus den USA aufgenommen, gespeichert, umgewandelt werden muss. Dafür finanziert die Bundesregierung jetzt zwei Terminals in Deutschland.
BlackRock & Co sind auch die führenden Aktionäre in der Fracking-Industrie der USA, etwa bei EOG Resources, Devon Energy und bei den größten Fracking-Ausrüstern Halliburton, Schlumberger und Baker Hughes.
Dass beim Fracking Grundwasser, Flüsse, Seen, Trinkwasser, Luft, Pflanzen, Tiere geschädigt, vergiftet und dass Menschen gesundheitlich geschädigt werden – alles seit Jahren weltweit bekannt. Tausende Bürgerinitiativen, Wissenschaftler, kommunale Räte organisieren seit zwei Jahrzehnten zwischen Kalifornien, Texas, New Mexiko, Louisiana und Wyoming Widerstand – meist vergeblich. Von 2000 bis 2018 wurde die Produktion von 243 Mrd. Kubikfuß auf 3,61 Billionen Kubikfuß mehr als verzehnfacht, Exporte gehen bisher in 33 Staaten. Das ging ständig weiter, unabhängig davon, ob der US-Präsident ein freundlich-demokratischer Grinser war wie Barack Obama oder ein rechtsradikaler Trampel wie Donald Trump.
Kann LNG russisches Pipeline-Gas in Europa ersetzen? – Krass & Konkret
von Alexander Männer und Florian Rötzer
Teil III: Hohe und volatile Preise für Flüssiggas – 11.3.2022
Quelle: https://krass-und-konkret.de/politik-wirtschaft/hohe-und-volatile-preise-fuer-fluessiggas/
Auszug:
Verursacht werden die Preisschwankungen auf den Märkten unter anderem von den geopolitischen Spannungen in der Welt, den Wetterbedingungen und den daraus resultierenden Nachfrageprognosen in den Import-Ländern, dem Umfang der Gaslieferungen via Pipeline sowie der Situation bei der Nachfrage bzw. die Konkurrenz auf den globalen Handelsmärkten.
Teil II: In Deutschland fehlt die Infrastruktur für verflüssigtes Erdgas – 3.3.2022
Auszug:
Hinzu kommt, dass Deutschland, anders als diverse EU-Staaten, gegenwärtig kein eigenes LNG-Terminal besitzt, weshalb ein direkter Import des Flüssiggases aus Ländern wie den USA und Katar für die Bundesrepublik darum bislang nicht möglich ist. Stattdessen müssen die benötigten Kontingente beispielsweise über Terminals in Belgien, Frankreich oder den Niederlanden eingeführt und dann in das europäische Gasnetz eingespeist werden.
Teil I: Kann LNG russisches Pipeline-Gas in Europa ersetzen? – 27.2.2022
Quelle: https://krass-und-konkret.de/politik-wirtschaft/kann-lng-russisches-pipeline-gas-in-europa-ersetzen/
Auszug:
Experten verweisen darauf, da das LNG derzeit nicht entscheidenden dazu beitragen kann, das russische Gas vollständig oder wenigstens zum großen Teil zu ersetzen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der wohl wichtigste ist die Tatsache, dass große Flüssiggas-Mengen, die benötigt werden und theoretisch auf dem Markt gekauft werden könnten, einfach fehlen.
Beim Krieg Russland-Ukraine geht es auch um energiepolitische Einflusssphären
von Ralf Streck und Florian Rötzer (26.2.2022)
Quelle: https://krass-und-konkret.de/politik-wirtschaft/beim-krieg-russland-ukraine-geht-es-auch-um-energiepolitische-einflusssphaeren/
Die EU ist für Afrika nicht die Lösung | 2.3.2022 (FR)
Europa muss mit den südlichen Nachbarn auf Augenhöhe kooperieren.
Gastbeitrag von Boniface Mabanza Bambu (2.3.2022)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/gastbeitraege/die-eu-ist-fuer-afrika-nicht-die-loesung-91383777.html
Auszüge:
Bevor man der EU als Gönner für den afrikanischen Kontinent applaudiert, sollte man wissen: Die 150 Milliarden Euro gibt es noch nicht. Die Initiative „Global Gateway Initiative“ soll private Investoren animieren, die Hälfte der Summe beizutragen.
Zudem geht es der EU mit dieser Initiative primär darum, die eigene schrumpfende investitions- und handelspolitische Bedeutung in Afrika aufzuhalten und den kolonial geprägten Zugriff auf den afrikanischen Kontinent zu retten. Dieses geostrategische Ziel der EU steht nicht im Einklang mit afrikanischen Interessen, sich von Abhängigkeiten von ehemaligen Kolonialmächten zu befreien und handels- und finanzpolitische Kooperationen zu diversifizieren. […]
Der afrikanische Kontinent hat ein Energiedefizit und bräuchte Investitionen zur Entwicklung eines Energiemix im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen. Dazu gehören für eine Übergangszeit, wie auch in Europa, die Nutzung fossiler Rohstoffe. Die EU will aber nur erneuerbare Energien fördern – zugunsten der eigenen Energieanbieter – um damit etwa grünen Wasserstoff herstellen zu können. Den soll dann aber in Europa die europäische Schwerindustrie oder der Flugverkehr nutzen. Afrika braucht zwar Energie, aber nicht um das Überleben der deutschen Stahlindustrie zu sichern.
Afrikas Rohstoffe sollen einer Industrialisierung und dringend benötigten Arbeitsplätzen dienen. Dazu müssen agrarische, industrielle und chemische Produkte in einer hohen Verarbeitungstiefe hergestellt werden, um möglichst fertige Produkte anbieten zu können.
Dafür ist eine neue Handelspolitik der EU gegenüber den afrikanischen Ländern gefragt. Die aktuellen Handelsabkommen der EU mit einzelnen, rohstoffreichen afrikanischen Ländern erzwingen eine Marktöffnung für industrielle EU-Produkte und für Dienstleistungen (Finanz- und Digitalwesen). Damit verhindert die EU den Aufbau eines industriellen Sektors, aber auch digitaler Angebote in Afrika. Das steht im Widerspruch zu dem Versuch der Afrikanischen Union (AU) einen eigenen Binnenmarkt mit in Afrika hergestellten Gütern oder Dienstleistungen aufzubauen. […]